Absurde Wohnungsbauziele: lieber Baugenehmigung reformieren
Geht es nach dem Willen der Bundesregierung, dann sollen jährlich 400.000 neue Wohnungen entstehen, davon 100.000 Sozialwohnungen. Dieses Ziel ist zum jetzigen Zeitpunkt unerreichbar. Das liegt an den gestiegenen Materialkosten, an den reduzierten staatlichen Förderprogrammen und an den höheren Zinsen. Eine weitere Bremse für den Wohnungsbau ist die Genehmigungspraxis vieler Bauämter. Das betrifft besonders die Bauanträge für Bestandsgebäude.
Das hochgesteckte Ziel der Bundesregierung, jährlich 400.000 neue Wohnungen zu schaffen, dürfte mehr als aussichtslos sein. Stattdessen muss eher mit wesentlich weniger Wohnungen gerechnet werden. Schuld daran sind die hohen Materialkosten, die Reduzierung staatlicher Förderprogramme und die hohen Zinsen. Die ambitionierten Wohnungsbauziele können unter diesen Voraussetzungen kaum erreicht werden.
Anpassungsverlangen hemmt Wohnungsbauziele
Ein weiteres Hindernis ist jedoch auch die Genehmigungspraxis bei den Bauämtern. "Beantragt der Besitzer eines Bestandsgebäudes die Genehmigung eines Dachausbaus oder einer Aufstockung, prüfen etliche Bauämter das gesamte Gebäude erneut und verbinden das Recht auf Erteilung einer Baugenehmigung mit Nachbesserungen im Bestand, sogenannten Anpassungsverlangen”, bemängelt Reinhard Eberl-Pacan, Vizepräsident des Deutsches Institut für vorbeugenden Brandschutz (DIvB). “Nicht nur der Ausbau und dessen direkte Auswirkungen, sondern auch das ganze übrige Gebäude soll damit nachträglich auf den neuesten Stand des Baurechts gebracht werden." Durch diese Praxis werden Bauprojekte ausgebremst, weil das Bauvorhaben somit kompliziert gemacht wird und außerdem die finanziellen Mittel vieler Bauwilligen übersteigt. Die Folge davon ist, dass viele Bauanträge wieder zurückgezogen werden. Die Wohnungsbauziele können folglich noch schlechter erreicht werden. Mittelfristig gesehen muss das Baurecht vereinfacht werden und Ausbaumaßnahmen gezielt gefördert werden.
Baugenehmigung und Anpassungsverlangen voneinander trennen
Ein weiterer Punkt für die oftmals geforderten Anpassungen ist nicht etwa die Gefahrenabwehr. Vielmehr sieht es so aus, dass bei einer Antragszurückziehung die geforderten Nachbesserungen nicht mehr gemacht werden müssen. Das DIvB schlägt deshalb vor, die "Erteilung der Baugenehmigung" und "Anpassungsverlangen" künftig strikt zu trennen. So könnten die Bauwilligen nach der Genehmigung den Wohnraum besorgen. Ob ein Anpassungsverlangen im jeweiligen Einzelfall verhältnismäßig war, kann somit außerhalb eines zeitkritischen Antragsverfahrens geklärt werden. "Dabei müssen die Baubehörden die Beweislast tragen: Sie müssen sachlich begründen, warum von einem ehemals von ihnen selbst genehmigten Gebäude eine dauerhafte konkrete Gefahr ausgeht", erklärt Eberl-Pacan. Auch das ist ein wichtiges Vorhaben zum Erreichen der Wohnungsbauziele.
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Sehr guter Beitrag! Trennung der beiden Bereiche wäre sinnvoll und sehr zu begrüßen!