Baugewerbe beklagt Mangel an Nachwuchs
Trotz hoher Auftragsauslastung wächst die Sorge im Baugewerbe. Denn der Branche geht langsam der Nachwuchs aus. Die viel gepriesene akademische Ausbildung in Verbindung mit dem immer noch bestehenden negativen Image der Baubranche zieht nicht gerade junge Leute an. Doch die werden dringend benötigt, um dem wachsenden Fachkräftemangel entgegen zu steuern. Denn auch Flüchtlinge sind dafür keine Lösung.
Die Auftragsbücher der Bauwirtschaft sind randvoll. Viele Betriebe müssen lukrative Anfragen von vorneherein ablehnen, da ihnen die nötigen Nachwuchskräfte fehlen. Über 10.000 Lehrstellen in der Baubranche in Deutschland sind zum jetzigen Zeitpunkt schlichtweg nicht besetzt. Laut Rainer von Borstel, dem Hauptgeschäftsführer des hessischen Verbands baugewerblicher Unternehmen, liegt das daran, dass zu viele Schulabgänger ein Studium anstreben. Er fügt hinzu, dass die Bauwirtschaft außerdem noch immer ein Imageproblem habe. Dabei sei der Beruf des Maurers anspruchsvoller geworden. Schon lange gehe es nicht mehr nur um die simple Aneinanderreihung von Steinen.
Politik sorgte für geringes Ansehen der Ausbildung am Bau
Die Verantwortung für fehlende Nachwuchskräfte sieht von Borstel auch bei der Politik. "Die Bildungspolitiker haben in den letzten Jahren das Loblied auf das Studium gesungen. Wenn die Entwicklung so weitergeht, studieren in den nächsten 15 Jahren drei Viertel aller jungen Menschen - bereits heute brechen fast 30 Prozent das Studium ohne Abschluss wieder ab." Rainer von Borstel prangert an, dass Schulabgänger zu wenig über Verdienstmöglichkeiten informiert werden. Die Ausbildung zum Maurer stelle heute die bestbezahlten Lehrstellen für junge Leute, die auch nach Abschluss der Prüfung einen passablen Verdienst erwarten könnten. Außerdem werde zu wenig an den Schulen aufgeklärt, dass auch nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung ein Studium selbstverständlich noch möglich sei.
Flüchtlinge nicht als Lösung für Nachwuchsmangel geeignet
Von Borstel mahnt, dass Projekte zum Auffangen von Schulabgängern oder Flüchtlingen nicht die Lösung für den problematischen Mangel der Nachwuchskräfte sein könne. Besonders Flüchtlinge seien nicht an das hohe Tempo der deutschen Schulen gewöhnt, und wären nicht selten frustriert, weil sie dem Unterricht nicht gewachsen seien. Dies finge bereits bei der Sprachbarriere an. Es sei jedoch auch an die Traumatisierung durch den Krieg zu denken, die oft erst aufgearbeitet werden müssten. Von Borstel hält jedoch auch nichts von der Idee, die angestrebte Qualität der Ausbildung zu senken. Allein durch die Flut an Vorschriften und Baubestimmungen wäre dies nicht möglich und auch nicht sinnvoll. Der Hauptgeschäftsführer trifft außerdem eine klare Aussage: "Wir erwarten von einer neuen Bundesregierung, dass sie sich diesem Problem stellt und sich verstärkt für die duale Berufsausbildung einsetzt."
Doch nicht nur am Bau, sondern in der gesamten Wirtschaft ist das Ausbleiben der Nachwuchskräfte ein zunehmendes und drängendes Problem. Um offene Lehrstellen zu besetzen, müsse mit den Pfunden geklotzt werden, fordert von Borstel. Immerhin befände sich das Baugewerbe in einem wahren Boom, was die beste Voraussetzung für attraktive Löhne und eine glänzende Karriere für junge Menschen darstellen würde.
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