Baugewerbe kritisiert Vergabe: Baukapazitäten effizienter nutzen
Jährlich wiederholt sich der Umstand aufs Neue: Bei mäßig kaltem Winter könnte auf den Baustellen eigentlich durchgearbeitet werden. Nur leider verfallen die Bauverwaltungen in einen Winterschlaf. Die ersten Aufträge treffen bei den Bauunternehmen erst im April oder Mai ein. Besonders Straßenbauunternehmen sind von diesem Missstand betroffen. Obwohl Baukapazitäten vorhanden sind, können sie nur von Frühsommer bis zum Herbst arbeiten. Das geschieht dann unter Druck.
Mittlerweile sind in Deutschland die Winter nur mäßig kalt, sodass Bauarbeiten problemlos ganzjährig möglich sind. Daher müssten aktuell alle Bauunternehmen auf den Baustellen sein. Doch die Praxis gestaltet sich anders. So haben vor allem die Baubetriebe, die größtenteils für öffentliche Vergabestellen tätig sind, bedauerlicherweise seit mehreren Wochen so gut wie nichts zu tun. Dieser Zustand kann noch mehrere Monate andauern, denn die öffentliche Hand vergibt ihre Aufträge erst wieder im Frühjahr. Daran ändert sich seit Jahren nichts. "Immer zu Jahresbeginn versinken die Bauverwaltungen in eine Art Dornröschenschlaf”, kritisiert Thomas Möller, Hauptgeschäftsführer der Bauwirtschaft Baden-Württemberg. “Bis die ersten Aufträge bei unseren Betrieben eintreffen, ist es oft April oder Mai." Diese behördlichen Zwänge seien zwar bekannt, doch würde trotzdem vor dem Frühling selten eine Baumaßnahme begonnen werden. "Wir appellieren deshalb an Land und Kommunen, ganzjährig auszuschreiben und so die Personal- und Maschinenkapazitäten unserer Unternehmen effizienter zu nutzen."
Investitionsstau trotz hoher Baukapazitäten
Denn obwohl zahlreiche Infrastrukturprojekte dringend begonnen werden müssten, gibt es trotz vorhandener hoher Baukapazitäten einen großen Investitionsstau. Dazu gehören die Straßensanierungen, der Verkehrswegebau, die Instandhaltung von Brücken und der Ausbau des digitalen Netzes. Leider verstreicht ein Drittel des Jahres, bis der neue Haushalt verabschiedet wird. Erst dann werden die neuen Bauprojekte ausgeschrieben. Viele Kommunen sind außerdem auf die Fördermittel des Landes angewiesen, wie zum Beispiel beim Breitbandausbau. Diese Fördermittel können aber erst beantragt werden, wenn der eigene Haushalt der Kommune steht.
Baugewerbe fordert ganzjährige Vergabe
Besonders betroffen ist der Straßenbau. Möller bemängelt, dass die Straßenbauunternehmen monatelang zur Untätigkeit gezwungen sind, um dann von Frühsommer bis zum Herbst alle Aufträge unter Druck abzuarbeiten. Das sei unbefriedigend und mit Blick auf die Mitarbeiter auch irrwitzig. Die Betriebe hätten mehr Planungssicherheit, wenn die öffentliche Hand stetig das ganze Jahr über Aufträge vergeben würde. Möller sieht zudem die überlangen Baugenehmigungsprozesse und das fehlende Fachpersonal in den Behörden kritisch. Es werden dringen erfahrene Bauingenieure gebraucht. Bei anderen Bauvorhaben werden ebenfalls Fachleute gesucht. Es bedarf jedoch einer attraktiveren Bezahlung, um mehr Fachleute zu finden.
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