Baugewerbe lehnt Schlichterspruch ab - Baumindestlohn bedroht

News | Frank Kessler | 12.04.2022
Baugewerbe lehnt Schlichterspruch ab - Baumindestlohn bedroht
Foto: Roland Riethmüller

Die Arbeitgeber-Tarifgemeinschaft hat den Schlichterspruch im Tarifstreit über den Mindestlohn im Bauhauptgewerbe abgelehnt. Damit steht 25 Jahre nach der Einführung erstmal die Fortsetzung vom Baumindestlohn auf der Kippe. Doch trotz der Ablehnung haben die Arbeitgebervertreter signalisiert, für weitere Gespräche bereit zu sein. Von einer Entspannung auf beiden Seiten kann dennoch keine Rede sein.

Nachdem vergangene Woche dem Schlichterspruch im Rahmen der Verhandlung um den Mindestlohn im Bauhauptgewerbe von der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) zugestimmt wurde, kam es jetzt zur Überraschung. Denn die Arbeitgebervertreter aus dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) und dem Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) haben den Schlichterspruch kurzerhand abgelehnt. Dafür gäbe es mehrere Gründe. Zum einen würde der Kompromiss eine Verteuerung einfachster Tätigkeiten bedeuten. Hinzu komme zum anderen, dass die aktuelle Entwicklung infolge des Ukraine-Kriegs kaum Spielraum offen lasse. "Der Automatismus, einen einheitlichen Branchenmindestlohn erst an eine Inflationsrate zu koppeln und danach exakt mit den höheren Tarifentgelten anzupassen, stellte sich auf Seiten der Arbeitgeber als eine zu große Selbstbeschränkung freier Tarifverhandlungen dar”, erklärt Jutta Beeke, HDB-Vizepräsidentin und Verhandlungsführerin der Arbeitgeber.ZDB-Vizepräsident Uwe Nostitz ergänzt: "Eine vernünftige Tarifpolitik muss auf die momentan unüberschaubare Branchensituation Rücksicht nehmen, vorsichtig vorausschauend agieren und Planungssicherheit geben.”

Baumindestlohn ist aber noch nicht ganz vom Tisch

Vonseiten der Arbeitgebervertreter wurde jedoch trotzdem die Bereitschaft zur weiteren Verhandlung signalisiert, obwohl es “keine zwingende Notwendigkeit” für einen Baumindestlohn gäbe. In der Schlichtung war bereits von 13 Euro die Rede. In den Gremien der Bauarbeitgeber wurde der Schlichterspruch zwar grundlegend abgelehnt, ein gewisser Spielraum sei jedoch noch vorhanden.

Unverständnis über die Ablehnung vom Schlichterspruch

"Das ist unverantwortlich, das gefährdet die Zukunft der Bauwirtschaft”, kritisiert Robert Feiger, der Bundesvorsitzende der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) die Ablehnung der Arbeitgebervertreter. “Die Unternehmen haben damit eine große Chance verpasst." Weiter vermutetet Feiger, dass die Unternehmen offensichtlich kein Interesse mehr an fairem Wettbewerb hätten. Denn die Firmen, die nicht tarifgebunden sind, hätten jetzt Vorteile. Bereits vor 25 Jahren wurde der Branchenmindestlohn in der Bauwirtschaft eingeführt. Das geschah auch deshalb, weil die Arbeit auf dem Bau bei Wind und Wetter sehr hart ist. Eine attraktive Bezahlung sollte Fachkräfte anziehen. Da sich das im Laufe der Jahre bewährt hat, ist es unverständlich, dass das System nun zerschlagen werden soll. Dabei seien es doch die Arbeitgeber, die händeringend Fachkräfte suchen. Nachdem der Schlichterspruch abgelehnt wurde, muss jetzt mit den Beschäftigten verhandelt werden, wie sie sich eine Zusammenarbeit mit den Arbeitgebern in Zukunft vorstellen.

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