Brexit schockiert die Bauwirtschaft wenig
Vergangene Woche wurde Geschichte geschrieben, die die Märkte in Europa deutlich bewegte. Auch die Bauwirtschaft leidet unter den Folgen und ist besorgt. Insgesamt hat der Brexit die Branche jedoch nicht ganz so hart getroffen, da viele Hersteller wenig weitreichende Folgen befürchten. Am härtesten hat es Großbritannien selbst getroffen, denn die Mehrheit hält nun einen Zerfall des Vereinigten Königreiches für denkbar.
Der Wunsch der Briten, die Europäischen Union zu verlassen, hat Anfang des Monats erneut zu einem “schwarzen Freitag” an den Börsen geführt. So brach der DAX gleich nach Börsenstart um mehr als zehn Prozent ein, da allgemein ein erschwerter Handelszugang für die Exportnation Deutschland im Nachbarland vermutet wird.
Mehrheitlich negative Auswirkungen in der Bauwirtschaft erwartet
Doch wie sieht die Bauwirtschaft diese Entwicklung? Dieser Frage ist die Heinze Marktforschung nachgegangen und hat in einer Blitzumfrage im Rahmen der Heinze Baukonjunktur-Klima-Befragung unter Herstellern von Bau-, Ausstattungs- und Einrichtungsprodukten eine besorgte Stimmung ermittelt. Unter den 254 befragten Unternehmen hätten nur 74 Prozent mit einem Brexit gerechnet und bestätigen zu 41 Prozent, dass Großbritannien für sie ein wichtiges Exportland sei. 61 Prozent erwarten demnach langfristig negative Auswirkungen für Deutschland, da durch den Brexit der Außenhandel mit Großbritannien erschwert, das Pfund abgewertet und die Aktienmärkte einbrechen könnten.
Trotzdem gehen viele Unternehmen auch von negativen Auswirkungen auf die Baukonjunktur durch den Brexit aus. So befürchten über zwei Drittel der befragten Hersteller Absatzrückgänge deutscher Produkte in Großbritannien. Nur etwa ein Viertel dagegen sieht zusätzliche Absatzchancen durch eine Schwächung britischer Hersteller in Deutschland.
Große Sorge, aber kein Schock
Insgesamt kann jedoch nicht von einem Schock oder einer Hysterie gesprochen werden, da kaum ein Hersteller mit weiterreichenden Folgen rechnet. Schwere politische Krisen in der EU, weitere Austritte anderer Staaten oder sogar ein Auflösung der Europäischen Union gilt als sehr unwahrscheinlich. Wahrscheinlich trägt dazu bei, dass es sicher noch ein bis zwei Jahre dauern wird, bis Großbritannien das Austrittsantrag stellt und höhere Handelsschranken gelten, vermutet die Heinze Marktforschung. Vieles wird von den Verhandlungsergebnissen zwischen der EU und Großbritannien in der nächsten Zeit abhängen.
Großbritannien selbst wird als größte Verlierer gesehen
Wer am stärksten unter dem Brexit leiden muss, ist jedoch ziemlich eindeutig: Rund 95 Prozent der Hersteller sehen demnach das (noch) Vereinigte Königreich selbst als größten Verlierer. Über zwei Drittel halten sogar die Abspaltung einzelner Länder wie Schottland oder Nord-Irland für möglich.
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