Was sind die Hauptursachen für die hohen Bauschäden bei Ingenieur- und Bauprojekten in Deutschland? Eine aktuelle Untersuchung hat für die Beantwortung dieser Frage fast 14.000 Versicherungsfälle näher analysiert. Das Ergebnis überrascht, denn es sind vor allem defekte Produkte und Qualitätsmängel. Das gilt sowohl in Bezug auf die Anzahl der Schadensfälle als auch auf die Schadenshöhe.
Die Bauwirtschaft ist schon seit Jahren durch hohe Bauschäden geprägt. Doch was sind die Hauptursachen für die hohe Fehlerquote am Bau? Wer könnte darauf eine besser Antwort wissen als ein Versicherungsunternehmen, hat sich die Allianz Global Corporate & Specialty gefragt und ist daher diese Fragestellung nachgegangen. Dazu hat das Allianz-Tochterunternehmen im Rahmen einer Studie zahlreiche technische Versicherungsfälle aus den letzten fünf Jahren analysiert und dabei sieben Trends bei Ingenieur- und Bauprojekten identifiziert.
Selbst in Deutschland sind viele Bauprodukte mangelhaft
Insgesamt betrafen 2.530 der ungefähr 13.599 analysierten Schadensfälle deutsche Kunden. Die Schäden durch defekte Produkte und Qualitätsmängel standen dabei für 22 Prozent aller gemeldeten Schadensfälle und waren für 30 Prozent der Schadensgesamtsumme von insgesamt 717 Millionen Euro verantwortlich. Bei jeweils elf Prozent der aus Deutschland gemeldeten Schäden waren Einsturz und Kriminalität/Diebstahl/Störung die Ursache. Kriminalität/Diebstahl/Störung stand zugleich für elf Prozent der Schadensgesamtsumme.
Bei einer globalen Betrachtung unterscheiden sich die Ergebnisse ein wenig. Zwar sind defekte Produkte mit 27 Prozent auch hier häufigste Schadensquelle. Aber die höchsten Wertverluste bei Ingenieur- und Bauprojekten entstanden weltweit aufgrund von Feuer und Explosionen. Die Schadenshöhe lag bei über 2,1 Milliarden Euro, was für 27 Prozent der Gesamtschäden stand. Dagegen machten die durch Feuer und Explosionen verursachten Schäden in Deutschland nur fünf Prozent der Gesamtschadenssumme aus.
Großprojekte steigern die Kosten im Schadensfall
Ein weltweiter Anstieg der Wertverluste durch Feuer und Explosion ist einer der sieben Trends, die sich in der Studie herauskristallisiert haben. Die Zunahme der Schäden durch Qualitätsmängel bei Produkten und ungenügende Qualitätskontrollen in Deutschland ist ein zweiter. Ein weiterer betrifft die Baustellengröße: Tendenziell sind Baustellen heute viel größer und teurer als früher und die Bauarbeiten ziehen sich bisweilen über Jahre hin. Das erhöht auch die Versicherungssummen.
„Projekte mit einem Wert von vier bis neun Milliarden Euro sind keine Seltenheit, Schäden in dreistelliger Millionenhöhe sind deshalb nicht auszuschließen“, erklärt Robert Maurer, Head of Engineering der AGCS in Zentral- und Osteuropa. Ein weiterer Kostentreiber bei Großprojekten ist die Beteiligung von Auftragnehmern aus der ganzen Welt, die spezialisierte Technologien zum Projekt beisteuern. Das erhöht oft Kosten und Zeitaufwand, wenn die Maschinen und Anlagen repariert werden müssen.
Ein weiterer zu beobachtender Trend: Politische Risiken wie Sanktionen und Handelsstreitigkeiten verteuern moderne Bauprojekte. Erkennbar sind darüber hinaus eine zunehmende Anzahl von Betriebsunterbrechungen und Verzögerungen bei der Inbetriebnahme von Projekten und steigende Chancen, aber auch Herausforderungen durch ein Wachstum im Bereich „Grüne Energie“.
Risiko- und Schadenbewertung nutzt modernste Technologien
Für die Risiko- und Schadenbewertung werden heute modernste Technologien eingesetzt. Allianz Global Corporate & Specialty nannte bei der Vorstellung der aktuellen Studie unter anderem Drohnen, Laserscanner, Computermodellierung und Satellitentechnologie. Durch sie lassen sich selbst an entlegenen oder gefährlichen Orten relativ schnell hochauflösende Bilder eines Standortes erstellen. Oft hat man die Bilder bereits innerhalb von 24 Stunden nach einem Schadenvorfall.