Komplexe Bauvorhaben können schnell Meinungsverschiedenheiten zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer hervorrufen. Leider enden diese nicht selten vor Gericht, was hohe Kosten und erhebliche Zeitverzögerungen nach sich zieht. Daher haben sich nun der Zentrale Immobilienausschuss (ZIA) und der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) auf eine Stärkung der partnerschaftlichen Zusammenarbeit und Streitschlichtung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer geeinigt.
“Auch bei bester Projektvorbereitung, Einbindung der bauausführenden Wirtschaft in die Planung und partnerschaftlichen Zusammenarbeit in der Bauphase lassen sich Konflikte nicht vollständig verhindern”, erklärt HDB-Präsident Prof. Thomas Bauer. Doch statt der gerichtlichen Klärung sehen beide Partner in der vertieften partnerschaftlichen Zusammenarbeit einen deutlich effizienteren Weg der Streitbeilegung. Daher haben ZIA und HDB als Ergebnis der Leitlinie “Fair Business” zum 1. Januar 2016 eine “Gemeinsame Kontaktstelle Streitlösung” beim Deutschen Beton- und Bautechnik-Verein (DBV) eingerichtet. Damit sollen in Zukunft Meinungsverschiedenheiten bei der Umsetzung von Bauvorhaben frühzeitig vermieden beziehungsweise aufkommende Konflikte schnell, kostengünstig und baubegleitend beigelegt werden.
Erstmals außergerichtliche Institution zur Streitschlichtung
Nicht zuletzt durch den erhöhten Baubedarf ist die effiziente Zusammenarbeit am Bau zwingend erforderlich. “Mit der gemeinsamen Kontaktstelle gibt es erstmals in Deutschland eine außergerichtliche Institution zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Auftraggebern und Auftragnehmern im Bau- und Immobiliengewerbe”, freut sich ZIA-Präsident Dr. Andreas Mattner und sieht sich damit den Herausforderungen der Zukunft besser gerüstet.
Streitschlichtung in drei Stufen
Das neue Instrument zur Streitschlichtung hat drei Stufen. In der ersten Stufe wird den beiden Partnern eine qualifizierte Bauberatung angeboten. Mit diesem Frühwarnsystem können Probleme, die später zu Konflikten führen, frühzeitig erkannt und ausgeräumt werden. In der zweiten Stufe wird bei einem entstandenen Konflikt nach einer Streitlösung gesucht. Dazu stehen die Verfahren der Mediation, Schlichtung und Ajudikation zur Verfügung. Bei der Wahl sind beide Parteien frei, sich müssen sich allerdings einig sein. Die dritte Stufe sieht die Schiedsgerichtbarkeit vor. Dabei wird ein Schiedsrichter mit Befähigung zum Richteramt zur Streitschlichtung hinzugezogen.
Hoffnung zur Anwendung auch für öffentliche Bauvorhaben
Da Konflikt nicht nur in der Privatwirtschaft vorkommen, könnte die gemeinsam Kontaktstelle Streitlösung auch ein Modell für alle Bauvorhaben werden. “Die deutsche Bauindustrie verbindet damit die Hoffnung, dass solche Verfahren künftig nicht nur im privatwirtschaftlichen Bereich, sondern auch zwischen Bauwirtschaft und öffentlichen Auftraggebern Anwendung findet”, betont Bauer.