Mit der gestrigen Annahme des Schlichterspruchs durch die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) stehen die zerstrittenen Tarifparteien im Bauhauptgewerbe kurz vor einer möglichen Einigung. Der Kompromiss ist das Ergebnis zäher Verhandlungsrunden. Bis heute (28.04.11) haben die Arbeitgeber noch Bedenkzeit, den Schiedsspruch zu akzeptieren oder abzulehnen.
Seit Anfang März verhandeln Vertreter der beiden Arbeitgeberverbände, Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) und Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) mit der IG BAU. Da nach drei Verhandlungsrunden noch kein Konsens über Entgelterhöhung, Einkommensangleichungen Ost/West und höhere Mindestlöhne gefunden werden konnte, wurde der ehemalige Bundeswirtschafts- und Arbeitsminister Wolfgang Clement Anfang April als Schlichter eingesetzt. Doch erst in der zweiten Schlichtungsrunde wurde schließlich nach langen Diskussionen ein Kompromiss gefunden, dessen Ergebnis Clement am 14. April 2011 in Potsdam verkündete.
Die IG BAU ist mit dem Ergebnis zufrieden, obwohl die Verhandlungen lange Zeit am seidenen Faden hingen, wie IG BAU-Verhandlungsführer Dietmar Schäfers nach den Tarifgesprächen sagte. Nun gäbe es für die rund 700.000 Beschäftigten am Bau ein „ordentliches Lohnplus“.
Laut Schlichtungsergebnis steigen die Einkommen im Westen um insgesamt 5,3 Prozent in zwei Schritten – ab Mai 2011 um 3,0 Prozent und ab Juni 2012 um weitere 2,3 Prozent. Hinzu kommt noch ein Zuschlag in Höhe von 0,3 Prozent zur Alterssicherung in der Zusatzversorgungskasse der Baubranche. Der Mindestlohn 2 steigt in gleicher Höhe wie der Tariflohn und der Mindestlohn 1 um 5 Cent zum Januar 2012.
Im Osten haben die Beschäftigten ab Juni 2011 3,4 Prozent mehr in der Lohntüte und erhalten ab August 2012 eine weitere Lohnsteigerung um 2,9 Prozent. Zur Annäherung der Mindestlöhne in Ost und West steigt der Ost-Mindestlohn zum Januar 2012 um 25 Cent und zum Januar 2013 um weitere 25 Cent.
Etwas anders sieht die Situation bei der Tarifpartei der Arbeitgeber aus. In den letzten Tagen wurden verschiedene Stimmen laut, dass das Ergebnis zulasten ostdeutscher Handwerkbetriebe gehe und die Tariferhöhung für ländlich geprägte Regionen in Norddeutschland schlichtweg zu hoch sei.
Bis heute muss jetzt auch die Tarifpartei der Arbeitgeber reagieren und den von der Baundestarifkommision zur Annahme empfohlenen Schiedsspruch annehmen oder ablehnen. Schäfers warnte die Kontrahenten davor, die Schlichtung auf den letzten Metern noch scheitern zu lassen. „Das würde unter den Beschäftigten zu großer Unruhe und die Bauwirtschaft in einen Arbeitskampf führen!“, betonte der stellvertretende IG BAU-Bundesvorsitzende.