Die Baubranche ist für einen reibungslosen Bauablauf auf fristgerechte Lieferung von Baumaterial angewiesen. Die Corona-Krise und der Krieg in der Ukraine haben jedoch gezeigt, wie störanfällig unsere Lieferketten sind. In Deutschland stehen daher nun die Lieferketten auf dem Prüfstand. Ungenutztes Potenzial besteht vor allem im Recycling von Baustoffen. Trotzdem wird Altmaterial immer noch als Abfall eingestuft, weil die öffentlichen Auftraggeber einen Qualitätsverlust befürchten. Grundsätzlich verfügt Deutschland aber auch über genügend eigene heimische Baustoffe.
Durch die Corona-Pandemie und durch den Krieg in der Ukraine stehen die Lieferketten in Deutschland zur Disposition. Denn jetzt wird deutlich, dass das Thema bisher in Deutschland schlichtweg so wenig beachtet wurde. „Wir haben uns in den vergangenen Jahren zu wenig Gedanken über Lieferabhängigkeiten gemacht”, erklärt Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB). “Das rächt sich jetzt!“ In den kommenden Jahrzehnten könnte der Bedarf allerdings auch durch heimische Vorkommen gedeckt werden. Das wäre zudem auch sinnvoll im Hinblick auf den Klimaschutz. In der Praxis scheitert das Vorhaben leider viel zu oft an langwierigen Genehmigungsverfahren.
Ein bezahlbares Bauen ist ohne heimische Baustoffe nicht möglich
„Regionale Versorgungsengpässe sind meist die Folge einer bürokratischen Genehmigungsflut und somit hausgemacht”, bestätigt Matthias Frederichs, Hauptgeschäftsführer vom Bundesverband Baustoffe – Steine und Erden (bbs). “Dabei muss klar sein: Ohne heimische Baustoffe kein bezahlbares Bauen.“ Es gibt Lösungsansätze für deutlich schnellere Verfahren. Dazu gehören Stichtagsregelungen, digitale Anträge und mehr Personal in den zuständigen Behörden. Die momentan unruhigen Zeiten sorgen folglich dafür, dass die Lieferketten neu ausgerichtet werden müssen. Jetzt ist die Chance da, die einheimischen Rohstoffe im Sinne des zu erreichenden Klimaziels zu sichern. Ansonsten droht die Rohstoffabhängigkeit.
Recycling-Baustoffe nicht mehr als Abfall einstufen
Bei den Recycling-Baustoffen gibt es ebenfalls viel ungenutztes Potenzial. Bedauerlicherweise lassen noch immer die öffentlichen Auftraggeber den Einsatz dieser Sekundärrohstoffe nicht zu, weil sie als Abfall eingestuft sind und man Qualitätsverluste befürchtet. „Die Abhängigkeit von internationalen Lieferketten hat gezeigt: Wir müssen stärker auf unsere eigenen Rohstoffe und Kreislaufwirtschaft setzen”, fordert Müller. “Ein Markt für Kreislaufwirtschaft kann aber nur entstehen, wenn Recycling-Produkte nicht länger als Abfall gelten, schnelle Zulassungsverfahren für neue Baustoffe eingeführt und öffentliche Bauherren als Vorbild vorangehen.“ Es wird deshalb gefordert, dass Primär- und Sekundärrohstoffe in Zukunft gleichbehandelt werden. Außerdem sollten qualitätsgesicherte Sekundärrohstoffe als Produkt und nicht mehr als Abfall eingestuft werden.
Bezahlbarer Wohnungsbau durch Digitalisierung
Die Digitalisierung kann ebenfalls die Herstellungskosten senken. Lebenszyklusorientiertes Bauen heißt, dass alle Phasen eines Gebäudes bereits bei der Planung berücksichtigt werden. Mit Building Information Modeling (BIM) kann dies gelingen.