Fast vier Jahre dauert eine durchschnittliche Baustreitigkeit in Deutschland. Aufgrund der langen Dauer und den damit verbundenen Kosten für die Vorleistung erlebt so manches Bauunternehmen den Ausgang des Prozesses nicht mehr. Meist liegt es an fehlendem Fachwissen der Richter und mangelnder Praxis in dem komplexen Rechtsgebiet. Baurechtsexperten fordern daher mehr Baukammern und spezialisierte Richter, um die Qualität der Rechtsprechung zu erhöhen und die Dauer zu reduzieren.
Die durchschnittliche Dauer einer Baustreitigkeit beträgt 44 Monate. “Das sind 36 Monate zu viel”, meint Dr. Ulrich Böttger, Mitglied der geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft für Bau- und Immobilienrecht (ARGE Baurecht) im Deutschen Anwaltsverein. Der Grund für die hohe Dauer einer durchschnittlichen Baustreitigkeit besteht oftmals darin, weil es zu wenige spezialisierte Gerichte und Richter gibt. Dies reduziert die Möglichkeit, ein “Gespräch auf Augenhöhe” zwischen Richter und Fachanwalt zu führen, so Böttger. Beispielsweise sind Vergleiche in Bauprozessen wenig zielführend, werden jedoch von Universaljuristen gerne angestrebt. So wissen es viele Richter halt nicht besser, scheuen jedoch auch eine Fortbildung im Baurecht. “Richter befürchten als Baurechtler abgestempelt zu werden, wenn sie sich in diesem Bereich weiterbilden und von ihrer universalen Einsetzbarkeit entfernen”, erläutert Böttger.
Gerade kleinere Bauunternehmen kann die durch fehlende Baukammern lange Prozessdauer finanziell ruinieren, da Baustreitigkeiten oft mit viel Geld verbunden sind. Darüber hinaus müssen die Kläger auch in Vorleistung gehen, was die Liquidität zusätzlich belastet und die Gefahr der Insolvenz erhöht. Die ARGE Baurecht fordert daher mehr Baukammern in den deutschen Landgerichten. Hier sieht Böttger die Justizminister in der Pflicht, die Anzahl der Baukammern zu erhöhen und die Prozessdauer zu beschleunigen. Denn ebenso wie auf Baurecht spezialisierte Fachanwälte verbessern sie nicht nur die Qualität der Rechtsprechung, sondern verkürzen auch die Prozessdauer erheblich. “Mittlere und kleinere Bauunternehmen wären so besser vor Insolvenz geschützt. Aber auch so manches Großprojekt in Deutschland könnte davon profitieren”, erläutert Böttger.