Auch im Baugewerbe steht eine neue Tarifrunde bevor. Und wie es immer ist, sind sich auch diesmal Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter nicht einig. Während die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) satte Lohnerhöhungen für die Beschäftigten fordert, stoßen diese Forderungen auf völliges Unverständnis bei den Arbeitgebervertretern. Es bleibt also abzuwarten, welches Ergebnis am Ende erzielt werden kann.
Die IG BAU fordert derzeit eine Lohnerhöhung von 6,6 Prozent für die gut 750.000 Bauarbeiter, Angestellten und Auszubildenden am Bau. Für die Gewerkschaft ist auch ganz klar, dass es sich bei dieser Forderung um eine unbedingte Notwendigkeit handelt, damit die Beschäftigten auch von ihrem Lohn leben können. Schließlich merken wir alle, dass die Kosten für Verbrauchsgüter u.ä. immer weiter steigen. Dies wird auch von den offiziellen Erwartungen hinsichtlich der Inflationsentwicklung gestärkt. Immerhin rechnet man hier mit zwei Prozent.
Des Weiteren begründet die IG BAU ihre Forderung in der Bedeutung der Bauwirtschaft innerhalb der Gesamtwirtschaft. „Die Bauwirtschaft ist ein wesentlicher Stabilitätsfaktor in Deutschland. Während für die Gesamtwirtschaft ein nur geringes Wachstum von 0,4 Prozent erwartet wird, rechnet die Baubranche mit einem Plus von zwei Prozent. Die Beschäftigten haben zu Recht die Erwartung, dass sie an dieser Entwicklung fair beteiligt werden“, sagte der stellvertretende IG BAU-Bundesvorsitzende Dietmar Schäfers.
Neben den allgemeinen Lohnerhöhungen fordert die IG BAU außerdem die stufenweise Anpassung der Ostlöhne an die im Westen, genauso wie eine Erhöhung der Mindestlöhne. Und auch die Situation älterer Arbeitnehmer hat die IG BAU im Visier. Nach Ansicht der IG BAU sollten Bauarbeiter, die altersbedingt nicht mehr arbeiten können, ein Altersübergangsgeld erhalten können. Dieses soll dabei von den Tarifparteien und dem Staat finanziert werden.
Für die IG BAU lässt sich auch nicht von der Hand weisen, dass der immer wieder beklagte Fachkräftemangel auch durch die niedrigen Löhne am Bau begründet ist. Denn jedem muss klar sein, dass niedrige Löhne, die Branche nicht unbedingt attraktiver beim Nachwuchs machen. Umso wichtiger wäre es bei dieser Tarifrunde ein Zeichen zu setzen.
Die Arbeitgebervertreter stehen den geforderten Lohnsteigerungen kritischer gegenüber. Hier argumentiert man insbesondere mit der vorherrschenden Ertragslage der Handwerksbetriebe. Man ist sich zwar bewusst, dass die Umsätze immer noch eine gute Entwicklung vorweisen können, dennoch sieht es mit den Erträgen nicht ganz so rosig aus. Es lässt sich nicht abstreiten, dass auch für die Betriebe die Kosten in den letzten Jahren immer mehr steigen. Dennoch können diese Mehrkosten nicht im gleichen Maße an die Auftraggeber weitergegeben werden, was den Betrieben in gewisser Weise schon ein Loch in ihre Kassen reißt.
Für die Arbeitgeber wäre es wesentlich erstrebenswerter, den Ausbau der steuer- und sozialversicherungsfreien Arbeitsleitungen voranzutreiben, als nur die Lohnkostensteigerung im Auge zu haben. Die Arbeitgebervertreter sehen die größte Gefahr in der Wettbewerbsfähigkeit der tariftreuen Betriebe. Diese werden nämlich leider viel zu oft durch schwarze Schafe ausgestochen. Weitere Lohnerhöhungen würden dies wohlmöglich noch fördern.