Um die Klimaschutzvorgaben zu erfüllen, haben zwei Bundesministerien das Sofortprogramm Gebäudesektor ins Leben gerufen. Die Marktanreize werden von vielen Institutionen begrüßt, um Potenziale am Bau zu wecken. Trotzdem kritisieren viele das Programm als unzureichend. Die Umstellung der Heizsysteme müsse Hand in Hand mit der Sanierung von Gebäuden geschehen. Insgesamt müsse nachgearbeitet werden, um Planungssicherheit für die Bauwirtschaft zu bieten.
Die Bundesministerien für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) sowie für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) haben vergangene Woche ein Sofortprogramm für den Gebäudesektor vorgestellt. Mit diesem Förderprogramm sollen zusätzliche Potenziale für den Bau erschlossen werden. „Die Reduzierung von CO2-Emissionen im Gebäudesektor ist die Königsdisziplin am Bau, da bewohnte und gewerbliche genutzte Gebäude in kürzester Zeit saniert werden müssen”, bestätigt Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie (HDB). “An diesem Punkt setzen die neuen Maßnahmen des Sofortprogramms von Bauministerin Klara Geywitz und Wirtschaftsminister Robert Habeck an.” Gleichzeitig betont Müller, dass ein Sanierungsschub nur dann gewährleistet sei, wenn das Bauen auch transformiert werde. Dazu gehören industrielle Produktionsmethoden durch Digitalisierung und serielles Sanieren, wie auch die Flexibilisierung des öffentlichen Vergaberechts, die Zusammenführung von Planen und Bauen sowie die Optimierung des Zulassungswesens, um neue und recycelte Baustoffe zügig in der Praxis einsetzen zu können.
Sofortprogramm Gebäudesektor als wichtiger Schritt zur Klimaneutralität
„Die Annahme seiner Positionen zu Erneuerbaren Energien im Industrieausschuss ist ein wichtiger und ambitionierter Meilenstein auf dem Weg zur Klimaneutralität”, freut sich Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH). “Die Fachkräfte des Handwerks sind dafür ein unverzichtbares Standbein der beschleunigten Wende.“ Dabei lobt er auch, dass das Projekt die dringend benötigten Fachkräfte berücksichtigt.
Überhaupt wird der Druck begrüßt, mit dem das Sofortprogramm Gebäudesektor in den Markt gedrückt wird. „Mit dem nationalen Klimagesetz und dem dort ausgerufenen Ziel der Klimaneutralität bis 2045 hat die Bundesregierung die Messlatte der EU, die eine Klimaneutralität bis 2050 avisiert, nochmal um fünf Jahre unterboten“, freuen sich Dr. Sebastian Orthmann, Partner und Dr. Michael Nauta, Senior Associate, beide Rechtsanwälte bei der Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland im Bereich Real Estate & Public.
Kritik wegen unzureichender Ausgestaltung
Trotzdem gibt es auch Kritik. „Leider ist das heute vorgestellte Sofortprogramm im Vagen geblieben, mit Ausnahme der Tatsache, dass ab 1. Januar 2024 keine Gasheizungen mehr eingebaut werden dürfen”, erklärt Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB). “Das ist zu kurz gesprungen; die Umstellung von Heizungssystemen auf erneuerbare Energien muss Hand in Hand mit der energetischen Optimierung der Gebäudehülle gehen.” Denn es gäbe schließlich nicht nur 20 Millionen Wohngebäude, sondern auch einen Bestand von 21 Millionen Nicht-Wohngebäude. Deshalb sei es auch wichtig, die Dämmung von Industrieanlagen mit in den Fokus zu nehmen.
Auch Thomas Drinkuth, Leiter der Repräsentanz Transparente Gebäudehülle in Berlin, kritisiert: “Das Sofortprogramm Gebäudesektor liefert wichtige Impulse, die in die richtige Richtung gehen. Beispielsweise ist die Festlegung auf energetische Mindeststandards für Bestandsgebäude ein Meilenstein. Aber: Sowohl diese Standards als auch die neue Sanierungsförderung sind noch unkonkret.“ Das bestätigt auch Henning Ellermann, Mitglied der Geschäftsleitung der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz (DENEFF): „Die Maßnahmen im Paket sind richtig, aber bei Zeitplan, konkreter Umsetzung und zur Verfügung stehenden Budgets muss schnell nachgeliefert werden – und die ganze Ampel muss mitziehen.“ Es muss ein verlässlicher Marktrahmen zur besseren Planungssicherheit geschaffen werden.