Während die Bautätigkeit in Deutschland, Großbritannien und Belgien leicht steigt oder großzügig auf Vorjahresniveau stagniert, muss für die restlichen europäischen Staaten mit einem Rückgang der Baukonjunktur gerechnet werden. Gerade in Italien, Frankreich, Spanien und Polen ist die Stimmung der Architekten getrübt, das ergab der aktuelle Bericht des europäischen Architektenbarometers unter 1.600 Architekten in acht europäischen Ländern.
Architekten gelten als Frühindikator für die Baukonjunktur. Aus diesem Grund hat das niederländische Marktforschungsinstitut Arch-Vision BV in der vierteljährlichen Studie „europäisches Architektenbarometer“ die Wasserstandsmeldung von 1.600 Architekten in acht Ländern Europas abgefragt.
In Deutschland sind die Aussichten der Baukonjunktur bereits seit dem dritten Quartal 2010 sehr positiv. Nur vier Prozent der befragten Architekten glauben an einen Rückgang innerhalb dieses Jahres. Der überwiegende Teil aus 36 Prozent aller Architekten geht von einer konstanten Auftragsstituation aus, was im wesentlichen den Ergebnissen des Vorjahres entspricht. Damit ist die Einschätzung der Architekten deckungsgleich mit den eigentlichen Ergebnissen der Baugenehmigungen, was auf steigende Genehmigungen im Wohnungsbau und eine relativ stabile Situation im Nichtwohnungsbau zurückzuführen ist. Für das kommende Jahr prognostiziert Arch-Vision ein Wachstumsanstieg um ein Prozent und in 2015 um sogar drei Prozent.
Noch besser sieht die Situation in Großbritannien aus, wo Ende 2013 bei rund zwei Drittel der Architekten die Auftragslage und Umsatzentwicklung deutlich gestiegen ist. Nur zehn Prozent klagen über einen Rückgang. Auch sehen mit 21 Prozent weniger Architekten einen Rückgang für 2014 also noch im Vorjahr mit 27 Prozent. Betrachtet man jedoch die Baugenehmigungen, müssen die Aussichten zur Baukonjunktur relativiert werden. Denn der in Großbritannien im Vergleich zum Wohnsektor deutlich größere Markt im Nichtwohnungsbau weist von 2012 auf 2013 einen spürbaren Rückgang der Baugenehmigungen auf. Aufgrund dessen prognostizieren die Marktforscher für 2014 eine stabile Entwicklung und erst für 2015 ein leichtes Wachstum von einem Prozent.
Auch unsere Nachbarn in Frankreich zeichnen kein besonders positives Bild. So sind die Auftragseingänge bei 47 Prozent der befragten Architekten gesunken (44 Prozent im Vorjahr). 38 Prozent davon klagen sogar über einen deutlichen Rückgang über fünf Prozent. Hinsichtlich der Baugenehmigungen stieg zwar der Wohnungsbau, konnte jedoch damit den Rückgang im Nichtwohnungsbau nicht ausgleichen. Der Rückgang vom Auftragseingang und Umsatzentwicklung deutet auf ein negatives Gesamtergebnis für 2014 und mit einem Prozent Wachstum auf einer Erholung in 2015 hin.
Deutlich schlechter sieht die Situation in Spanien aus. Viele Architekten sehen eine Trendwende und sind weitaus positiver gestimmt als im Vorjahr. So befürchten nur noch 31 Prozent leere Auftragsbücher im Vergleich zum Vorjahr mit 49 Prozent. 25 Prozent sehen sogar einen Anstieg der Auftragseingänge. Dieser Stimmungsaufschwung spiegelt sich jedoch in keiner Weise bei den Baugenehmigungen wider. Im Gegenteil, gerade der Wohnungsbau verliert deutlich. Aufgrund dessen spricht Arch-Vision 2014 von einem Rückgang der Baukonjunktur in Spanien um 12 Prozent und unverändert auch 2015.
Noch pessimistischer stellt sich die Situation in Italien dar. Hier rechnet kaum ein Architekt mit einer Verbesserung der Baukonjunktur. Im Gegenteil, im vierten Quartal des letzten Jahres haben im Vergleich zum Vorquartal 78 Prozent der Befragten geringere Aufträge und Umsatz gemeldet. Immerhin sank die Anzahl der Architekten mit Furcht vor leeren Auftragsbüchern von 50 Prozent Anfang 2013 auf 30 Prozent Ende 2013. Dennoch prognostizieren die Marktforscher für Italien einen Rückgang um acht Prozent in 2014 und vier Prozent in 2015.
In den Niederlanden zeichnet sich eine Trendwende ab. So liegt vor allem durch die Senkung der Umsatzsteuer auf Modernisierungsmaßnahmen erstmals seit dem zweiten Quartal 2011 mit 38 Prozent die Zahl der positiv gestimmten Architekten über dem Wert der Architekten, deren Lage sich verschlechtert hat (30 Prozent). Die Befürchtung von leeren Auftragsbüchern für die kommenden 12 Monate ging von 31 auf 25 Prozent zurück. Diese Entwicklung lässt sich auch an den statistischen Zahlen zum Anstieg des Bauvolumens ablesen, was jedoch keinen Einfluss auf die gesunkenen Baugenehmigungen hatte. Daher geht Arch-Vision von einem leichten Rückgang der Baukonjunktur in den Niederlanden von einem Prozentpunkt aus, gefolgt von einer leichten Erholung um ebenfalls ein Prozent in 2015.
Mit nur sieben Prozent Befürchtung zur Auftragsflaute kann man den Belgiern kein Pessimismus vorwerfen. Außerdem liegt ebenfalls die Zahl der Architekten mit wachsenden Auftragseingängen (43 Prozent) deutlich über den Büros mit sinkenden Aufträgen (19 Prozent). Da ebenfalls die Baugenehmigungen stabil sind, geht Arch-Vision von einem Wachstum der Baukonjunktur in Belgien von je einem Prozent in 2014 und 2015 aus.
Auch wenn in Polen deutlich weniger Architekten von komplett leeren Auftragsbüchern ausgehen, so ist die Stimmung der Architekten doch nicht besonders rosig. Immerhin sprechen 41 Prozent eher von zurückgehenden als von steigenden Aufträgen (28 Prozent). Da sich die Baugenehmigungen bereits zum zweiten Mal in Folge rückläufig entwickelten, spricht das Marktforschungsinstitut von einem weiteren Rückgang der Baukonjunktur.