Neben der fraglichen Notwendigkeit des Bahnprojektes „Stuttgart 21“ gerät die Großbaustelle nun doppelt in Kritik. Zur Zeit weigert sich die Bahnspitze in Kooperation mit der IG Bau auf der umstrittenen Baustelle gegen Schwarzarbeit und Lohndumping vorzugehen. „Es ist enttäuschend, dass sich die Deutsche Bahn ohne erkennbaren Grund weigert, auf die Sachkenntnis und Erfahrung der IG BAU beim Schutz gegen Dumpinglöhne auf dieser prominenten Baustelle zu verzichten“, schrieb der stellvertretende IG Bau-Bundesvorsitzende Dietmar Schäfers an den Vorstandsvorsitzenden der Bahn Rüdiger Grube. Gerade auf unübersichtlichen Großbaustellen gibt es erfahrungsgemäß oft unhaltbare Zustände.
So appelliert die IG Bau an die Deutsche Bahn, auf der Baustelle „Stuttgart 21“ faire Arbeitsbedingungen zu garantieren. In einem offenen Brief kritisiert die IG Bau, dass die Deutsche Bahn es ablehnt, „Stuttgart 21“ zusammen mit der Gewerkschaft zur „saubersten Baustelle Deutschlands“ zu machen. Bereits Mitte vergangenen Jahres hatte die IG BAU mit der Deutschen Bahn das Gespräch gesucht. Es ging dabei nicht um das Für und Wider für das Projekt „Stuttgart 21“. Vielmehr sollten konkrete Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten und die Zusammenarbeit mit der IG BAU auf der Baustelle vereinbart werden – in welcher Form auch immer das Projekt umgesetzt wird. Ziel war es, dass „Stuttgart 21“ zu einem Vorzeigeprojekt in Bezug auf reguläre Verhältnisse wird. „Dieser Austausch verlief aus unserer Sicht konstruktiv und endete in konkreten Ergebnissen“, resümierte Schäfers. Verhandlungen über einen entsprechenden Kooperationsvertrag ließ die Bahn jedoch platzen. Die 180-Grad-Wendung der Deutschen Bahn sei nicht nachvollziehbar. „Die Bahn muss als staatseigener Konzern ein Interesse daran haben, dass die Gesetze und Tarifverträge zugunsten der Arbeiter am Bau eingehalten werden. Als Bauherrin darf sie sich nicht aus der Verantwortung stehlen.“
Im Einzelnen fordert die IG BAU von der Deutschen Bahn die Einrichtung einer Koordinierungsgruppe mit Beteiligung der IG BAU, den ungehinderten Zugang der Gewerkschafter auf sämtliche „Stuttgart 21“-Baustellen und die Beschäftigung eines IG BAU-Projektbeauftragten für „Technisches Management – Sicherheit“. Ein effektiver Schutz vor illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit lässt sich aus Sicht der IG BAU nur erzielen, wenn Zugangsausweise für alle Arbeitnehmer auf der Baustelle durch eine zentrale Stelle ausgegeben werden und der Zoll (Finanzkontrolle Schwarzarbeit) diese mit mobilen Kontrollgeräten kontrollieren kann.