Der Mindestlohnkonflikt am Bau konnte vorerst erfolgreich beigelegt werden. So wurde Ende vergangener Woche im Baugewerbe dem Schiedsspruch zum künftigen Mindestlohn Bau von beiden Seiten zugestimmt. Der Kompromiss beinhaltet die Beibehaltung und leichte Erhöhung der zwei Branchen-Mindestlöhne. Da die Laufzeit jedoch nur bis Ende diesen Jahres reicht, wird bereits ab Mitte des Jahres mit einer Fortsetzung vom Tarifstreit gerechnet.
Obwohl die Allgemeinverbindlichkeit vom Mindestlohn Bau zum Ende des vergangenen Jahres auszulaufen drohte, konnten sich die Tarifvertragsparteien in den Tarifverhandlungen lange Zeit nicht auf einen neuen Mindestlohn einigen. Daher wurde noch vor dem Jahreswechsel die Schlichtung angerufen und Professor Dr. Rainer Schlegel als Schlichter ernannt. Am 19.12.2019 wurde dann im Bau-Mindestlohnkonflikt ein Schiedsspruch gefällt, der von den Tarifparteien bis zum 17. Januar 2020 angenommen werden musste. Bereits zum 07. Januar hatte die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) als Arbeitnehmervertreter dem Vorschlag zugestimmt. Nach der Gremienabstimmung in den Landesverbänden des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie (HDB) und des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes (ZDB) fand der Schiedsspruch zu den Bau-Mindestlöhnen nun auch auf Arbeitgeberseite die erforderliche Mehrheit.
Kompromiss beim Mindestlohn Bau
In den ersten drei Monaten des neuen Jahres bleiben die Mindestlöhne demnach erst einmal auf dem bisherigen Niveau. Der Mindestlohn der Lohngruppe 1 erhöht sich ab dem 1.4.2020 um 35 Cent auf 12,55 Euro. Die Mindestlöhne 2 werden ebenfalls zum 1.4.2020 um jeweils 20 Cent im Westen auf 15,40 Euro und in Berlin auf 15,25 Euro erhöht. „Unser Ziel der Schaffung eines einheitlichen und leicht zu kontrollierenden Bau-Mindestlohns wurde nicht erreicht”, räumt HDB-Vizepräsidentin Jutta Beeke als Verhandlungsführerin der Arbeitgeber ein. “Der Vorschlag vermeidet aber eine längere Mindestlohn-Lücke.“ Auch der alternierende Verhandlungsführer, ZDB-Vizepräsident Uwe Nostitz, hält es für kritisch, dass die Frage der zukünftigen Mindestlohn-Struktur nicht gelöst sondern nur verschoben wurde.
Rauer Ton im Tarifstreit
Die IG Bau wiederum freute sich, einen “Angriff auf das bisherige Mindestlohnsystem” abwehren und einen einheitlichen „Mindestlohn light“ auf niedrigem Niveau für den gesamten Bau in Deutschland verhindern zu können. „Das hätte zwangsläufig die Abschaffung vom Mindestlohn 2 – also die Demontage des unteren Lohnsockels für qualifizierte Bauarbeiter – im Westen und in Berlin bedeutet”, erklärte IG Bau-Chef Robert Feiger. “Damit hätten die Arbeitgeber das komplette Mindestlohnsystem auf dem Bau ins Wanken gebracht. Das ist mit dem Schlichterspruch jetzt vom Tisch.“ Nach Angaben der Gewerkschaft profitieren von den neuen Mindestlöhnen mehr als 200.000 der insgesamt 820.000 Baubeschäftigten. Diese neuen Mindestlöhne sind bis zum Ende des Jahres 2020 gültig. “Das Wichtigste ist, dass es auf dem Bau auch weiterhin zwei Branchen-Mindestlöhne und damit Lohnhaltelinien nach unten – insbesondere für fachliche Arbeiten – geben soll”, so Feiger. “Das hatte für uns oberste Priorität. Und das haben wir geschafft. Dazu noch einen Anstieg beider Mindestlöhne.“
Die Arbeitgeber-Tarifgemeinschaft zeigte sich von der unüblichen Pressekampagne der IG Bau während der Erklärungsfrist irritiert. So wäre bisher nach den Spielregeln der Sozialpartnerschaft mehr Zurückhaltung an den Tag gelegt worden.
Trübe Aussichten auf weitere Diskussionen
Alle Sozialpartner werden nun die Erstreckung der Regelungen auf alle Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Bauhauptgewerbe beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales beantragen. Dieser Schiedsspruch wird allerdings nur bis zum Ende des Jahres fortgeschrieben. Es wird daher angenommen, dass sich die Diskussion um die richtige Bau-Mindestlohnstruktur schon in der zweiten Jahreshälfte fortsetzen wird.