Ungenutzte Chancen durch Frauen am Bau

News | Roland Riethmüller | 03.06.2016
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Nicht zuletzt durch den Fachkräftemangel stehen die Chancen auch für Frauen sehr gut, am Bau Beschäftigung zu finden und Karriere zu machen. Trotzdem werden diese Möglichkeiten vielfach weder genutzt, noch akzeptiert. Dabei ist es in vielen Länder Gang und Gäbe, dass weibliche Fachkräfte im Baugewerbe in geeigneten Tätigkeiten arbeiten. Damit seht fest: ein Umdenken muss her.

Die Zeiten, in denen Frauen als Hausfrau hinter den Herd verdonnert wurden, sind glücklicherweise vorbei. Auch das Baugewerbe ist längst keine reine Männerdomäne mehr. Dadurch entscheiden sich immer mehr Frauen für ein Studium als Bauingenieurin. “Leider findet man die Frauen nach dem Studium kaum in den Baubetrieben wieder”, resumiert enttäuscht der Stellvertretende Bundesvorsitzende der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), Dietmar Schäfers. “Das liegt vor allem an der mangelnden Bereitschaft der meisten Unternehmen, Frauen zu beschäftigen und entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen.” 

Bis 1994 galt ein Beschäftigungsverbot für Frauen am Bau

Denn oftmals herrscht trotzdem noch ein veraltetes Frauenbild in der Baubranche. Das hat leider Tradition: Schließlich galt sogar bis 1994 in den alten Bundesländern ein gesetzliches Beschäftigungsverbot für Frauen im Bauhauptgewerbe. In Ostdeutschland gab es dagegen weniger Vorurteile. Dort wurde die Ausbildung von Frauen am Bau sogar gefördert und viele Arbeitnehmerinnen in Konstruktion, Planung oder auch als Baumaschinenführerin beschäftigt.

Außerhalb Europas sind Frauen am Bau völlig normal

Auch in anderen Ländern besteht ein grundlegend anderes Frauenbild. “Außerhalb Europas sind Frauen am Bau eher Normalität”, bestätigt Schäfers. So gibt es in den USA sehr erfolgreiche Baubetriebe, in denen ausschließlich Frauen arbeiten. Und auch in Asien und Afrika sind oftmals mehr weibliche als männliche Arbeitskräfte im Baugewerbe beschäftigt. “An der fehlenden Eignung der Bauarbeit für Frauen kann es also nicht liegen.”

Viele Frauen kennen kaum geeignete Berufe am Bau

Im Wesentlichen fehlt es vielfach an der Kenntnis über die einzelnen Berufsbilder. Ganz klischeemäßig beschränkt sich das Image der Bauberufe meist nur auf den Zementsack schleppenden Maurer. Nur sehr wenige Frauen kennen die Tätigkeit der Stuckateuerin, der Baugeräteführerin, der Holz- und Bautenschützerin oder der Trockenbaumonteurin. Daher findet man in den 18 Ausbildungsberufen im Bauhauptgewerbe auch kaum Frauen.

Wenn überhaupt, dann ist es höchstens das soziale Umfeld, das Frauen zu einer Tätigkeit am Bau motiviert. “Die Bauwirtschaft muss verstärkt Frauen für die Arbeit im gewerblichen Bereich auf Baustellen interessieren”, empfiehlt Schäfers. “Sie haben ebenso das Potential, Wände zu mauern oder Baumaschinen zu führen, wie Männer.” Neben weiblichen Rollenvorbildern braucht die Bauwirtschaft eine bessere Aufklärung. Der Girls’ Day bietet beispielsweise einen wichtigen Impuls, Frauen einen persönlichen Eindruck in der Praxis zu verschaffen.

“Es muss sich in den Köpfen aller Beteiligten was ändern”, fordert Schäfers. “Das fängt in der Schule an und geht weiter in der Berufsberatung, wie auch in den Betrieben.” Daher engagiert sich die IG BAU in Bayern zusammen mit dem PECO Institut Berlin und der Stiftung Bayerischer Bauwirtschaft im Projekt “Frauen am Bau”. Das Ziel dieser Kommunikationsplattform besteht darin, Rollenklischees aufzubrechen, alle Interessenten zu informieren und den Austausch untereinander zu fördern.

Umdenken und Attraktivität am Bau erhöhen

Zusätzlich empfiehlt die IG BAU, die “Lohnlücke” zwischen den Geschlechtern zu schließen, das Berufswahlspektrum zu erweitern und mehr Frauen für gewerbliche und technische Bauberufe zu gewinnen. Tarifpolitisch kämpft sie ferner für eine Verbesserung im Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie für mehr Zeitsouveränität. Denn schließlich erhöhe eine ausgewogene Life-Work-Ballance auch insgesamt die Attraktivität am Bau.

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