Bei Kurzarbeit besteht nur ein verkürzter Urlaubsanspruch. Das entschied jetzt das Bundesarbeitsgericht. Geklagt hatte eine Mitarbeiterin aus der Gastronomie gegen die Urlaubskürzung im Jahr 2020. Die Klage wurde in mehreren Instanzen und nun auch vom höchsten Gericht abgewiesen. Die Arbeitnehmervertreter im Bauhauptgewerbe erinnern daran, dass diese Regelung im Baugewerbe wegen gültiger Tarifverträge nicht gelte. Es sei vertraglich vereinbart, dass Urlaubskürzungen im Baugewerbe nicht zulässig seien.
Arbeitnehmer haben bei Kurzarbeit keinen Anspruch auf Urlaub, wenn die Arbeitsstunden auf „null“ gesetzt sind. Das hat das Bundesarbeitsgericht jetzt entschieden. „Das ist ein herber und bitterer Schlag für viele Beschäftigten. Es ist einfach ungerecht, sie für die Auswirkungen der Corona-Pandemie bluten zu lassen.“ So kommentiert das Bundesvorstandsmitglied der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) Carsten Burckhardt das jüngste Urteil des Bundesarbeitsgerichts zur Kurzarbeit. Weiter betont er, dass das allerdings auf das Bauhauptgewerbe nicht zutreffe, weil die Tarifverträge eine andere Regelung vorsehen würden. Alle zwölf Beschäftigungstage haben die Mitarbeiter Anspruch auf einen Tag Urlaub. Das Urlaubsgeld müsse ohne Kürzungen in die Urlaubskasse einfließen.
Klage gegen verkürzten Urlaubsanspruch abgewiesen
Eine Mitarbeiterin, Mitglied der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), hatte gegen die Kürzung ihres Urlaubs aus dem Jahr 2020 geklagt. Wegen der Corona-Pandemie kam es in der Systemgastronomie zur Verkürzung der Arbeitszeit. Der Urlaubsanspruch wurde anteilig für jeden vollen Monat um ein Zwölftel gekürzt. Das Arbeitsgericht Essen und das Landesarbeitsgericht Düsseldorf haben beide die Klage abgewiesen. Danach musste sich das Bundesarbeitsgericht mit dem Fall beschäftigen. Doch auch hier hatte die Klägerin keinen Erfolg.
Der Leiter des Gewerkschaftlichen Centrums für Revision und Europäisches Recht in Kassel, Karsten Jessolat, hat das Verfahren geführt. Es gab Argumente dafür, dass die Entscheidungen aus den ersten Instanzen abgeändert werden mussten. Eines davon sei das Bundesurlaubsgesetz, denn der Urlaub entsteht aus einem Arbeitsverhältnis. Außerdem sei der Urlaub nicht an eine Arbeitsleistung oder Arbeitspflicht gebunden. Eine coronabedingte Kurzarbeit sei von der strukturellen Kurzarbeit abzugrenzen. Im Vordergrund würde die Planbarkeit und der Erholungswert des Urlaubs stehen. Das sei bei der Corona-Pandemie nicht gegeben. Der 9. Senat beim Bundesarbeitsgericht war jedoch nicht der gleichen Meinung. Es bestünden zwar die sozialversicherungsrechtlichen Obliegenheiten, allerdings wären sie nicht so schwergewichtig wie die Arbeitspflicht. Eine andere Entscheidung wäre nicht zu rechtfertigen. Zudem läge diese Entscheidung nicht nur im Interesse des Arbeitgebers, argumentierten die Bundesrichter. Schließlich habe die Klägerin eine entsprechende Vereinbarung unterschrieben.
Kaum Nutzung von Kurzarbeit durch Corona im Baugewerbe
Aufgrund der hohen Auftragsreichweiten und der Systemrelevanz während des Lockdowns hat Kurzarbeit im Baugewerbe nur einen sehr geringen Anteil an allen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten. Während des ersten Lockdowns im April 2020 lag der Anteil laut dem Statistischen Bundesamt bei 7,9 Prozent im Baugewerbe. Im Schnitt lag damals der Wert bei 17,8 Prozent und im Gastgewerbe sogar bei 62,7 Prozent. Im zweiten Lockdown befanden sind 2,1 Prozent der Baubeschäftigen in Kurzarbeit, während im Schnitt 10 Prozent und 53,9 Prozent im Gastgewerbe betroffen waren. Die niedrigsten Werte schätzte das ifo Institut zuletzt im Oktober 2021 mit 0,2 Prozent im Baugewerbe, 2,8 Prozent im Gastgewerbe und 1,5 Prozent im Schnitt. Damit wird deutlich, dass Kurzarbeit aufgrund der aktuellen Situation im Vergleich zur Gesamtwirtschaft nur einen geringen Anteil im Baugewerbe hat. Trotzdem ist der Schutz vor Kürzung des Urlaubsanspruchs im Falle von Kurzarbeit im Baugewerbe ist ein weiteres Argument für die Attraktivität der Baubranche. Genau diese Attraktivität braucht die Branche, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.