Verwaltung bremst die Baukonjunktur

News | Roland Riethmüller | 24.03.2016
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Verzögerte Genehmigungsverfahren und fehlende Transparenz sind gerade in Großstädten an der Tagesordnung. Alleine in Berlin verursacht das zögerliche Handeln der Verwaltung erhebliche wirtschaftliche Schäden durch Auftragsstaus in Millionenhöhe. Doch auch die Mittelausschöpfung leidet darunter, was zu einem Verlust an Wertschöpfung führt und den Arbeitsmarkt schwächt. Abhilfe schaffen würden vereinfachte Prozesse, bessere Kommunikation und mehr Transparenz.

Großstädte und Ballungsgebiete erleben aktuell einen extremen Bevölkerungsanstieg. Die anhaltende Landflucht auf der einen und der fortwährende Zustrom von Flüchtlingen auf der anderen Seiten stellen nicht nur die Bauwirtschaft vor große Herausforderungen. So sind oftmals die Behörden mit der Flut an Anträgen schlichtweg überfordert und verursachen durch die Bürokratie erhebliche Schäden. Eine aktuelle Studie von regioconsult im Auftrag der Handwerkskammer Berlin und der Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg (FB Bau) hat die betrieblichen und regionalwirtschaftlichen Auswirkungen dieses Verwaltungshandelns auf die Bauwirtschaft am Beispiel von Berlin untersucht.

80 Prozent der Baubetriebe leiden finanziell unter der Bürokratie

Für die Bauausführung werden zahlreiche Genehmigungen und Anordnungen benötigt, besonders bei der Einrichtung von Arbeitsstätten im öffentlichen Straßenraum. Doch die Bearbeitungszeit vieler Anträge ist unverhältnismäßig hoch und belastet damit die Wirtschaftlichkeit der Bauwirtschaft. Rund 80 Prozent der Berliner Baubetriebe haben bereits wirtschaftliche Einbußen durch Verzögerungen in der Verwaltung erlitten. Das äußert sich mitunter in einer durchschnittlichen Bearbeitungsdauer von sechs Monaten bei Tiefbauaufträgen und in Einzelfällen sogar über einem Jahr. Lediglich die Bezirksämter scheinen die Anträge im Schnitt in anderthalb Monaten zu bearbeiten.

Rund 148 Millionen Euro Schaden allein in Berlin

Diese Verzögerung belastet wirtschaftlich die Bauwirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft gleichermaßen. “Die Bau- und Ausbaubranche ist die Konjunkturlokomotive des Berliner Handwerks. Und  diese Lokomotive könnte noch besser laufen, wenn sie nicht mitunter von außen gebremst werden würde”, weiß auch Jürgen Wittke, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Berlin. Denn der Auftragsstau beläuft sich nur in Berlin auf 100 Millionen Euro. Das ist die Summe der bereits erteilten, aufgrund von verzögerten Genehmigungsverfahren jedoch noch nicht bearbeiteten Aufträge. Zusätzlich beträgt der Gesamtschaden für die Bauwirtschaft rund 38 Millionen Euro und beinhaltet überproportial gestiegene Baustellengemeinkosten, eine erhöhte Kapitalbindung/Vertragsstrafen, entgangene Gewinne, sinkende Personalauslastung, Material/Anlagen, Überbrückungsangebote und Verwaltungsaufwand. Doch auch der Staat wird durch das Verwaltungshandeln geschädigt. So rechnen die Forscher mit rund zehn Millionen Euro Steuereinnahmen, die dem Land Berlin jährlich entgehen.

Neben den wirtschaftlichen Auswirkungen schaden die verzögerten Genehmigungsverfahren auch dem Ansehen der Bauwirtschaft. Dies äußert sich vor allem in Verkehrsbehinderungen durch Dauerbaustellen, Zustandverschlechterungen der Infrastruktur und steigender Wohnungsnot als Folge von verzögerter Bautätigkeit im Wohnungsbau.

Rund 25 Prozent der öffentlichen Mittel wurden nicht ausgeschöpft

Klaus Dieter Müller, Geschäftsführer der K. Rogge Spezialbau GmbH und Vizerpäsident der FG Bau, zeigt sich ratlos: “2014 wurden rund 137 Millionen Euro und damit ca. ein Viertel aller veranschlagten Mittel des öffentlichen und Verkehrsbaus nicht verbaut.” Durch diese geringere Ausschöpfung von öffentlichen Mitteln durch die Engpässe in der Verwaltung entstehen der Stadt Berlin eine Bruttowertschöpfung in Höhe von 162 Millionen Euro, sowie 2.300 Arbeitsplätze und Steuereinnahmen in Höhe von 17 Millionen Euro. Zusätzlich leidet das Image der immer noch wachsenden Stadt Berlin durch mangelhafte Infrastruktur und baufällige Schulen, Schwimmbäder und Kliniken.

Transparenz und Kommunikation hemmt die Auftragsbearbeitung

Die größten Problem bei der Antragsbearbeitung liegen im wesentlichen bei der fehlenden Transparenz für den Antragsteller, den unterschiedliche Zuständigkeiten, der fehlenden Flexibilität und dem komplizierten Verfahren. Doch auch die Kommunikation unterhalb der Behörden und zwischen Behörde und Antragsteller muss verbessert werden. “Transparenz im Bezug auf die Bearbeitung von Anträgen und insgesamt einfachere, einheitliche Genehmigungsprozesse sowie eine klare Kommunikation sind aus unserer Sicht geeignete Lösungsansätze”, so Müller.

Doch auch die schlechte Personalausstattung durch Sparmaßnahmen in den Behörden ist wenig zweckdienlich für eine Verbesserung der Situation. Neben Stellenabbau sind es auch Investitionszurückhaltungen, die zu mangelhafter Mittelausschöpfung und damit reduzierter Wertschöpfung und Schwächung des Arbeitsmarktes führen.

Forderung nach Maßnahmen zur Verbesserung der Situation

Aus diesem Grund fordert die Handwerkammer Berlin und die FG Bau eine flexible Personalaufstockung, um bedarfsorientiert reagieren und schnell entscheiden zu können. Gleichzeitig müssten die Genehmigungsprozesse vereinfacht und transparente Strukturen geschaffen werden, um den Bauunternehmen mehr Planungssicherheit zu geben.

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