Nach der Einführung vom Mindestlohn bei Angestellten sieht das Baden-Württembergische Handwerk dringenden Handlungsbedarf bei Soloselbständigen. In den vergangenen zwanzig Jahren ist nicht zuletzt durch die Novelle der Handwerksordnung und die EU-Osterweiterung die Zahl der Soloselbständigen deutlich gestiegen. Untersuchungen zeigen, dass viele Soloselbständige deutlich unter dem Mindestlohn verdienen. Eine Resolution soll die wirtschafts- und sozialpolitischen Missstände aufzeigen und Vorschläge zur Lösung bieten.
In Deutschland arbeiten rund 850.000 Selbständige im Handwerk. 42,5 Prozent, also 360.000 davon haben keine Mitarbeiter und werden als Soloselbständige bezeichnet. Dieses Phänomen hat sich in den letzten zwanzig Jahren deutlich weiterentwickelt, schließlich lag die Anzahl der Soloselbständigen in 1995 noch bei 13,7 Prozent. Die Novelle der Handwerksordnung im Jahr 2004 hat ebenso wie die EU-Osterweiterung und der generelle Trend zu neuen Modellen der Arbeitsorganisation dazu beigetragen.
Doch nach der Einführung vom Mindestlohn für Angestellte weist nun der Baden-Württembergische Handwerkstag (BWHT) auf die wirtschafts- und sozialpolitisch bedenkliche Lage bei vielen Soloselbständigen hin. „Der gesetzliche Mindestlohn hat zum Ziel, dass jeder von seiner Hände Arbeit leben kann. Aber was ist mit den Soloselbständigen? Hier tickt eine sozialpolitische Zeitbombe“, warnt BWHT-Hauptgeschäftsführer Oskar Vogel. Laut den Berechnungen des Deutschen Instituts der Wirtschaft Köln verdient etwa ein Viertel der Soloselbständigen weniger als 8,50 Euro pro Stunde und 10 Prozent erwirtschaften sogar nur einen Stundenlohn von 4,85 Euro. Dies führt zu einer besorgniserregenden Lebenssituation und zu noch größeren Schwierigkeiten im Alter.
Neben der schwierigen finanziellen Situation vieler Soloselbständigen ist auch die geringe Anzahl der meisterpflichtigen Gewerke unter den Betrieben aus den EU-Beitrittsstaaten beachtlich. So betreiben lediglich 1.382 Betriebe der 48.000 eingetragenen Betriebe ein meisterpflichtiges Handwerk nach Anlage A der Handwerksordnung. Eine genauere Prüfung auf Scheinselbständigkeit ist hier sicher angebracht. So fordert der Baden-Württembergische Handwerkstag in einer Resolution auch den Erhalt der zulassungspflichtigen Handwerksberufe zur Steigerung der Produktivität und Innovationskraft, die sich auch im Verhältnis aus der Anzahl der Beschäftigten, dem Umsatz und der Wertschöpfung ergibt. Darüber hinaus wird die Ausbildungsleistung maßgeblich durch das System der zulassungspflichtigen Gewerke getragen und bietet einen Schutz vor Fachkräftemangel.
Mit der Einführung einer allgemeinen Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Berufsunfähigkeitspflicht mit angepassten Prämien- und Beitragssystem soll darüber hinaus die Handwerkerpflichtversicherung mit der auf 216 Pflichtmonate begrenzten Rentenversicherung ersetzt werden. Ferner plädiert der BWHT für eine Verbesserung der Beratungs- und Betreuungsangebote für Soloselbständige und einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz für arbeitsintensive Dienstleistungen. Wegen des fließenden Übergangs der Soloselbständigen zur Scheinselbständigkeit und Schattenwirtschaft, fordert der BWHT darüber hinaus größere Überwachs- und Sanktionsbefugnisse der Behörden und eine personelle Aufstockung der Personalressourcen für intensivere Kontrollen.