Die Einschränkungen für Arbeitnehmer der EU-Beitrittsländer im Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt gelten nur noch bis April 2011. Danach tritt die volle Arbeitnehmer-Freizügigkeit in Kraft, auch wenn die Verpflichtungen aus dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz unberührt bleiben. Was das insgesamt für die Bauwirtschaft bedeutet, haben Vertreter von SOKA-BAU am 18.11.2010 auf einer Fachtagung in Wiesbaden diskutiert.
Die EU-Beitrittsländer Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn erhalten zum 01.05.2011 vollen Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt. Die bis dahin geltende Übergangsregelung zur Zugangs-Beschränkung zum deutschen Arbeitsmarkt für Arbeitnehmer entfällt. SOKA-BAU-Vorstand Wolfgang Koberski fordert deshalb: „Die Freiheiten des EU-Vertrags
dürfen nicht dazu missbraucht werden, soziale Standards zu verschlechtern und einen verzerrten Wettbewerb herbeizuführen. Sie dürfen nicht dazu führen, dass tariftreue Arbeitgeber vom Markt verdrängt werden und inländische Arbeitnehmer keine Chance mehr haben, von fairen Arbeitsbedingungen zu profitieren.“
Gleichzeitig bedeutet dies auch, dass die Verpflichtungen aus dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz nach wie vor unverändert Gültigkeit haben. Baubetriebe aus den EU-Beitrittsländern sind ab Mai nächsten Jahres verpflichtet, ihren Beschäftigten die tariflichen Mindestlöhne zu zahlen, sowie den tariflichen Urlaub zu gewähren und an dem branchenweiten Urlaubssystem von SOKA-BAU teilzunehmen. Damit wird ein Mindeststandard für die in Deutschland tätigen in- und ausländischen Betriebe und deren Mitarbeitern gewährleistet, was auch vor Billigkonkurrenz und unlauterem Wettbewerb schützt.
Die Vertreter der Tarifparteien Frank Dupré (ZDB), Dietmar Schäfer (IG BAU) und Thomas Schleicher (HDB) fordern trotz bestehender „gemeinsamer Spielregeln“ wirksamere Kontrollen und klare Sanktionen. Da das öffentliche Vergaberecht immer noch eine Vergabe an den billigsten Anbieter vorsieht, muss es ein Umdenken bei den Vergabestellen weg von der Geiz-ist-geil-Mentalität geben.
Die größte Sorge besteht allerdings darin, dass bei geschätzten 200.000 bis 300.000 neuen Arbeitskräften jährlich aus den EU-Beitrittsländern sich die Wettbewerbsbedingungen für inländische Baubetriebe verschlechtern. Schließlich müssen ausländische Baubetriebe zwar die deutschen Mindestlöhne zahlen und den tariflichen Urlaub gewähren, nicht jedoch die deutschen Sozialleistungen entrichten. Die Sozialleistungen werden im Heimatland abgerechnet, wo sie in der Regel deutlich geringer sind. Dadurch können inländische Baubetriebe einem Preisdumping ausgesetzt werden und auch die inländischen Löhne massiv unter Druck geraten.
Aktuelle Umfrage zu dem Thema:
https://www.meistertipp.de/was-denken-sie-ueber-die-arbeitnehmer-freizuegigkeit-ab-2011