Durch COVID-19 verändert sich die Wertschöpfungskette der Bau- und Bauzulieferindustrie im nächsten Jahrzehnt stärker als in den vergangenen 70 Jahren. Das prophezeit eine aktuelle Studie, die die größten Folgen der Pandemie noch kommen sieht. Die Studienautoren rechnen für einige Unternehmen aber auch mit positiven Entwicklungen durch die Krise. Hoffnungen auf steigende Marktanteile in Europa kann sich aus ihrer Sicht beispielsweise die deutsche Bauzulieferindustrie machen.
„Neue Spielregeln in der Bauindustrie“ ist der Titel der Studie des Münchner Unternehmens S&B Strategy. Ihr zufolge gehören diejenigen Unternehmen der Bau- und Bauzulieferindustrie zu den großen Gewinnern der Krise, die die Krise als eine Chance sehen und den Umbruch im Markt aktiv mitgestalten. Damit werden sie zu bestimmenden Playern der 2020er Jahre.
Coronavirus beschleunigt den Wandel in der Bauwirtschaft
Die Bauwirtschaft habe sich bereits vor der Pandemie in einem fundamentalen Wandlungsprozess befunden, heißt es in der Studie. Angetrieben wurde der Wandel durch Faktoren wie Fachkräftemangel, Digitalisierung und steigende Auflagen für die Energieeffizienz. Der Coronavirus beschleunigt diesen Wandlungsprozess zusätzlich. Das wird neben einigen Gewinnern auch Verlierer produzieren. Einen steigenden Druck, der gegebenenfalls zum Ausscheiden aus dem Wettbewerb führt, sehen die Studienautoren für „Unternehmen mit starkem Fokus auf den Neubau von Gewerbeimmobilien und geringeren Liquiditätsreserven“.
Große Gewinner sind Bauzulieferer aus Deutschland und China
Die Autoren der S&B-Strategy-Studie halten die deutsche und die chinesische Bauzulieferindustrie für diejenigen Industrien, die von der weltweiten Pandemie am ehesten profitieren. Pluspunkte für die deutschen Unternehmen sind aus ihrer Sicht verglichen mit der Konkurrenz aus West- und Südeuropa sowie Amerika geringere Lockdown-Effekte und umfassendere Staatshilfen. Asiatische Hersteller sind aus ihrer Sicht weit fortgeschritten in der Krisenbewältigung und suchen aktuell nach Möglichkeiten, die Konkurrenz in Europa anzugreifen.
Unternehmen müssen ihre Agenda 2030 definieren
Laut Studie folgt die konjunkturelle Tsunamiwelle durch die Pandemie erst in einigen Monaten. „Wer sich nicht bewegt, scheidet aus“, heißt es. Den Akteuren der Bauzulieferindustrie raten die Studienautoren deshalb, ihre Transformationsagenda 2030 zu definieren. Zu den Anforderungen, die man für eine erfolgversprechende Agenda erfüllen sollte, gehören aus ihrer Sicht unter anderem eine klare Kenntnis der Marktdynamik, Veränderungskräfte und Nischenentwicklung sowie ein tiefes Verständnis sich verändernder Kundenbedarfe und neuer Märkte.
Steigende Bedeutung des Direktvertriebs auf den Baustellen
Kurzfristig seien auf den Märkten Hygienemaßnahmen wichtig geworden. Mittelfristig steigt laut Studie dagegen die Bedeutung des Direktvertriebs auf Baustellen und langfristig wird der Bedarf an Smart-Building-Technologien neue Anforderungen definieren. Auch werden „Green Recovery“ Marktkräfte verschieben, prophezeien die Studienautoren. Das EU-Konjunkturprogramm wird Bauprojekte und Prozesse fördern, „die zur Digitalisierung und Emissionsreduktion beitragen und so die Anforderungen verändern“, heißt es in der Studie.