Dem Bau droht ein Burnout. Denn noch immer beherrscht der Fachkräftemangel die Bauwirtschaft. Vor allem beim Um- und Neubau sowie bei der klimagerechten Sanierung werden händeringend Fachkräfte gesucht. So ist die Zahl der offenen Stellen seit dem Jahr 2020 um das Vierfache gestiegen. Denn obwohl die Gewinne in den vergangenen Jahren gestiegen sind, hat es die Bauwirtschaft versäumt, den Bau für neue Mitarbeiter attraktiv zu machen.
In der Bauwirtschaft herrscht massiver Mangel an Handwerkern. Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) schätzt die Lage sehr kritisch ein und warnt vor einem Kollaps am Bau. „In nahezu allen Betrieben der Bauwirtschaft gibt es ein ‚Arbeitskräfte-Vakuum’”, erklärt Carsten Burckhardt, Bundesvorstandsmitglied der Gewerkschaft. “Bauarbeiter werden händeringend gesucht. Das Nadelöhr für mehr Wohnraum, für besseren Klimaschutz und sinkende Mieten sind die Fachleute auf dem Bau.“ Denn obwohl die Gewinne der Bauunternehmen in den letzten Jahren angestiegen sind, haben es die Betriebe versäumt, den Bau für neue Bewerber attraktiv zu machen. Für die Bauwirtschaft ist der Mangel an Fachkräften ein hohes Risiko und das wirkt sich auch auf die Politik aus, denn die gesteckten Klimaziele könnten so gefährdet sein.
Viermal so viele offene Stellen seit 2010
Die IG BAU verweist auf die aktuellen Zahlen des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Im ersten Quartal 2022 gab es im Baugewerbe im gesamten Bundesgebiet 191.000 freie Stellen. Das ist viermal so hoch wie im Jahr 2010. Damals fehlten 52.000 Mitarbeiter. In der Gesamtwirtschaft hat sich im selben Zeitraum die Zahl der offenen Stellen verdoppelt. Burckhardt hält es für besorgniserregend, dass die Bauwirtschaft kein geeignetes Personal findet. Dabei steht der Bau gut da. Laut den Angaben des Statistischen Bundesamts ist der Umsatz im Bauhauptgewerbe im ersten Quartal 2022 gegenüber dem Vorjahr um 26 Prozent gestiegen. Die steigenden Preise für das Baumaterial sind nicht die Hauptprobleme der Bauwirtschaft. Diese werden an die Kunden weitergegeben. Allerdings sei das Problem mit dem Fachkräftemangel hausgemacht. Seit Jahren werden die Einkommen der Beschäftigten gedrückt und es werde oftmals nicht ausreichend darauf geachtet, dass Tarifverträge eingehalten werden. Viele Firmen sind aus den Arbeitgeberverträgen ausgestiegen. Die Firmen haben sich bei den Preisen gegenseitig unterboten und das auf Kosten der Beschäftigten.
Burnout durch starke Abwanderung der Fachkräfte
Der Fachkräftemangel ist auch dadurch entstanden, dass die Betriebe mit einer Abwanderung von Fachkräften zu kämpfen haben. Nach der Gesellenprüfung arbeiten nur vier von zehn Berufsstartern fünf Jahre auf dem Bau. Ein großer Teil wandert in die Industrie ab. Dort haben sie feste Arbeitszeiten und müssen nicht die Zeit bei Wind und Wetter auf einer Baustelle verbringen. Ohne eine gerechte Bezahlung wird der Fachkräftemangel nicht beseitigt und es drohe der Burnout. Es bedarf einer langfristigen Planung, um die anstehenden Arbeiten auch erledigen zu können. Ein Burnout kann nur durch einheimische Fachkräfte verhindert werden.