Anspruch bei Bauzeitverzögerung – was ist vom Auftragnehmer darzulegen?

Ersatz eines entstandenen Schadens oder Zahlung einer angemessenen Entschädigung für Bauzeitverzögerung kann der Auftragnehmer nur verlangen, wenn er eine konkrete und detaillierte Darstellung des gesamten Bauablaufs – einmal mit und einmal ohne Verzögerungen bzw. Behinderungen – vorlegt.

Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und der Oberlandesgerichte legt seit Jahren einen strengen Maßstab an die erfolgreiche Geltendmachung von Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüchen des Auftragnehmers für Bauzeitverzögerungen. Mit einer ganz neuen Entscheidung hat das Oberlandesgericht Köln dies nun nochmals im Einzelnen ausgeführt und bestätigt.

In diesem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der Auftragnehmer für die Zeit, in der er nicht arbeiten konnte, als Schaden geltend gemacht allgemeine Geschäftskosten für Produktion, Montage und Stoffkosten, Baustellengemeinkosten für Stoffkosten sowie seinen Gewinn in Höhe von 5 % der Nettoauftragssumme. Das ist eine leider noch immer von vielen Auftragnehmern praktizierte Schadensaufstellung, die jedoch zur erfolgreichen Geltendmachung eines Anspruchs aus Bauzeitverzögerung nicht reicht. Das Gericht hat im Einzelnen dargelegt, dass zu einer solchen erfolgreichen Darlegung eine genaue Aufstellung darüber gehört, welche Arbeitskräfte und Arbeitsmittel entgegen der ursprünglichen Planung auf der Baustelle – und auch anderweitig – nicht eingesetzt werden konnten und welche konkreten Verluste wegen jeder einzelnen Verzögerung eingetreten sind. Das bedeutet, dass der Auftragnehmer eine detaillierte Gegenüberstellung, d.h. einen Vergleich des von ihm geplanten Bauablaufs mit dem gestörten Bauablauf fertigen muss, und zwar gesondert in Bezug auf jede einzelne Störung/Behinderung. Er muss weiter darlegen, dass er den Stillstand bzw. die Behinderungszeit nicht durch vorgezogene anderweitige Bauarbeiten auf der Baustelle des Auftraggebers oder durch Arbeiten für andere Aufträge ausgleichen konnte. Nur aus einer solchen Darlegung des Auftragnehmers kann sich für das Gericht ein Vergleich der Vermögenslage des Auftragnehmers ohne und mit der jeweiligen Bauzeitverzögerung ergeben, woraus sich dann ein Schadensersatzanspruch aus § 6 Abs. 6 VOB/B bzw. ein Anspruch auf „angemessene Entschädigung“ nach § 642 Abs. 1 BGB herleiten lässt.

 

Autorenhinweis

Frau Prof. Inge Jagenburg / Jagenburg RechtsanwälteDie Autorin, Frau Prof. Inge Jagenburg, Lehrbeauftragte für Bau- und Architektenrecht, ist Rechtsanwältin in der Kanzlei Jagenburg Rechtsanwälte Partnerschaft und spezialisiert auf Bau-, Architekten- und Immobilienrecht sowie auf Vergaberecht. Die 1971 gegründete Kanzlei ist bundesweit tätig und hat Büros in Köln, Berlin und Dresden. Weitere Schwerpunkte der Kanzlei bestehen im individuellen und kollektiven Arbeitsrecht, im Wohnungseigentums- und Mietrecht.

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