Leistungsverweigerungsrecht bei Streit über Nachtragsvergütung?

Dem Auftragnehmer kann ein Leistungsverweigerungsrecht zustehen, wenn der Auftraggeber die Vergütung von zusätzlichen Leistungen endgültig ablehnt und diese Vergütung nicht nur unerheblich von der ursprünglich vereinbarten Vergütung abweicht.

Grundsätzlich darf der Auftragnehmer die Erbringung weiterer Leistungen nicht verweigern, auch nicht die der nachträglich geforderten zusätzlichen Leistungen, wenn zwischen den Vertragsparteien Streit über die Vergütung von Nachtragsforderungen besteht. Dies gilt auch dann, wenn im Vertrag, den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers, bestimmt ist, dass eine Vergütung für Nachtragsleistungen nur verlangt werden kann, wenn der Nachtrag des Auftragnehmers vom Auftraggeber schriftlich bestätigt worden ist. Dies deshalb, weil dem Auftragnehmer in jedem Falle für nachträglich beauftragte Leistungen werkvertraglich eine Vergütung zusteht. Weil ihm diese Vergütung zusteht, er also einen durchsetzbaren Anspruch darauf hat, kommt es nicht auf eine Zustimmung des Auftraggebers zur grundsätzlichen Vergütungspflicht von Nachträgen an, lediglich die Höhe kann eventuell noch nicht feststehen.

Das Oberlandesgericht Koblenz hat mit einem Urteil ais Ende des Jahres 2014 entschieden, dass dem Auftragnehmer trotz dieser Grundsätze ausnahmsweise doch ein Leistungsverweigerungsrecht nach Treu und Glauben zustehen kann, wenn die Aus-/Weiterführung der zusätzlichen Leistungen für ihn unzumutbar ist. Eine solche Unzumutbarkeit hat das Gericht im zu entscheidenden Fall angenommen, weil zum einen die Nachtragsforderung im Verhältnis zum ursprünglichen Auftragsvolumen ganz erheblich hoch war und zum anderen der Auftraggeber nicht nur die Nachtragsforderung, sondern auch jedwede Diskussion darüber strikt abgelehnt hatte. Angesichts der endgültigen Weigerung des Auftraggebers, die zusätzliche Leistung zu vergüten und der Tatsache, dass wegen der im Verhältnis zum Auftragsvolumen großen Höhe des Werklohns für die zusätzliche Leistung für den Auftragnehmer ein nicht hinnehmbares Risiko bestand, war die Weiterführung der Leistungen für den Auftragnehmer unzumutbar und er zur Leistungsverweigerung berechtigt.

Zu bedenken ist aber, dass es sich vorliegend um einen wirklichen Ausnahmefall handelt und mit Leistungsverweigerung durch den Auftragnehmer vorsichtig umzugehen ist.

 

Autorenhinweis

Frau Prof. Inge Jagenburg / Jagenburg RechtsanwälteDie Autorin, Frau Prof. Inge Jagenburg, Lehrbeauftragte für Bau- und Architektenrecht, ist Rechtsanwältin in der Kanzlei Jagenburg Rechtsanwälte Partnerschaft und spezialisiert auf Bau-, Architekten- und Immobilienrecht sowie auf Vergaberecht. Die 1971 gegründete Kanzlei ist bundesweit tätig und hat Büros in Köln, Berlin und Dresden. Weitere Schwerpunkte der Kanzlei bestehen im individuellen und kollektiven Arbeitsrecht, im Wohnungseigentums- und Mietrecht.

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