Voller Urlaub trotz unterbrochenem Arbeitsverhältnis?

Den vollen gesetzliche Urlaubsanspruch haben Arbeitnehmer grundsätzlich erst nach Ablauf von 6 Monaten seit Beginn der Beschäftigung. Zuvor besteht nur ein anteiliger Anspruch. Probleme treten immer dann auf, wenn das Arbeitsverhältnis beendet wird und es um die Abgeltung von restlichen Urlaubstagen geht! Sind alle Urlaubstage auszuzahlen oder nur anteilig? Was gilt, wenn unmittelbar an das alte Arbeitsverhältnis ein neues geschlossen wird? Muss auch hier die 6-Monatsfrist eingehalten werden?

Was ist passiert?
Ein Arbeitnehmer hatte seinen Arbeitsvertrag zum 30.06. gekündigt. Auf Initiative des Arbeitgebers schlossen die Parteien am 21.06. einen neuen Arbeitsvertrag mit Wirkung ab dem 02.07.
Dieser neue Arbeitsvertrag wurde durch den Arbeitgeber durch fristlose Kündigung am 12.10 beendet. Der Arbeitnehmer wollte nun die Auszahlung für den gesamten Resturlaub und nicht nur anteilig für das zweite Arbeitsverhältnis.

Die Entscheidung
Das Bundesarbeitsgericht (BAG Az. 9 AZR 224/14) hat entschieden, dass der Arbeitnehmer einen Anspruch auf den vollen Urlaub hat. Bei der Berechnung muss für das zweite Arbeitsverhältnis nicht erst die 6-Monatsfrist abgewartet werden. Aufgrund der nur kurzen Unterbrechung von einem Tag (01.07) sind beide Arbeitsverträge als Einheit zu betrachten, sodass der Arbeitnehmer die Wartezeit erfüllt hat. Der Urlaubsanspruch ist somit vollständig entstanden. Da das neue Arbeitsverhältnis in der zweiten Jahreshälfte endete, kann der Arbeitnehmer Abgeltung auf Grundlage des gesamten Jahresurlaubs verlangen. Eine nur anteilige Berechnung findet nicht statt.

Achtung: Bis zu dieser Entscheidung war die Rechtsprechung anders. Bislang führte auch eine nur kurze Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses zur Unterbrechung der Wartezeit. Dass heißt der Arbeitnehmer hätte nochmal 6 Monate warten müssen, um volle Abgeltung verlangen zu können. Das gilt nach der neuen Rechtsprechung zumindest dann nicht mehr, wenn der neue Arbeitsvertrag bereits vor Beendigung des ersten Arbeitsverhältnisses geschlossen wird (hier am 21.06 und Ende erst am 30.06) und eine nur geringe Unterbrechung (hier 1 Tag) vorliegt.

Praxistipp: Auch im Bereich von Kündigungen nimmt die Rechtsprechung an, dass eine  nur unwesentliche Unterbrechung die Wartezeit nicht neu auslöst.

Autorenhinweis

Rechtsanwältin Anna RehfeldtDie Autorin, Rechtsanwältin Anna Rehfeldt, LL.M mit Sitz in Berlin, berät Unternehmen in den Bereichen Zivil-, Bau- und Vertragsrecht, Arbeitsrecht sowie im Marken-, Patent- und Wettbewerbsrecht. Zudem übernimmt sie das Forderungsmanagement für Unternehmen!
Etabliert haben sich insbesondere ihre Inhouse-Schulungen sowie ihr Angebot einer externen Rechtsabteilung (http://www.ra-rehfeldt.de/service/)!


Rechtsanwältin Anna Rehfeldt, LL.M.
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