Ausschreibungen bei der öffentlichen Auftragsvergabe sind nicht immer in praxisgerechte (Teil-) Lose gegliedert, die eine Beteiligung von kleinen und mittelständischen Handwerksbetrieben zulässt. Der Zusammenschluss zu einer Bietergemeinschaft scheint des Problems Lösung zu sein! Aber nicht alle Gerichte sehen das so!
Hintergrund
Bietergemeinschaften stellen ein praxistaugliches Mittel dar, um auch als kleines- oder mittelständisches Unternehmen an Ausschreibungen teilzunehmen.
In § 6 Abs. 1 Nr. 2 VOB/A ist zum Beispiel geregelt, dass Bietergemeinschaften wie Einzelbewerbungen zu behandeln sind. § 13 Abs. 5 VOB/A schreibt vor, das Bietergemeinschaften ihre Mitglieder zu benennen haben, sowie eines ihrer Mitglieder als bevollmächtigten Vertreter für den Abschluss und die Durchführung des Vertrags zu bezeichnen haben.
Fazit: Die VOB/A setzt die grundsätzliche Möglichkeit von Bietergemeinschaften voraus.
Achtung: Zum Teil kann die Rechtsform der Bietergemeinschaft durch den Auftraggeber festgelegt werden, § 6 EG Abs. 2 Satz 2 VOL/A, wenn und soweit dies notwendig ist.
Egal ob vorgeschriebene Rechtsform oder ein einfacher Zusammenschluss (i.d.R als GbR), ist die Bietergemeinschaft eine eigene Gesellschaft und tritt gegenüber dem Auftraggeber auch als solche eigenständig auf. Bei einer GbR handelt es sich gemäß §§ 705 ff. BGB um einen Zusammenschluss von mindestens 2 Personen (juristisch und/ oder natürlich), die sich im Rahmen eines Gesellschaftsvertrages zur Erfüllung eines gemeinsamen Zwecks verpflichten. Bei der Bietergemeinschaft ist der Zweck regelmäßig die Beteiligung am Vergabeverfahren und die anschließende Auftragserfüllung. Hierbei haften die Gesellschafter gesamtschuldnerisch.
Viele Auftraggeber verlangen zudem die namentliche Bezeichnung eines (vertretungsberechtigten) Ansprechpartners. Eine Einschränkung der Vertretungsbefugnis eines Gesellschafters gegenüber Dritten (Auftraggeber), ist ohne weitere Angaben nicht zulässig und wird durch die Auftraggeber in der Regel auch ausgeschlossen.
Praxistipp: Der vertretungsberechtigte Ansprechpartner sollte bereits den Teilnahmeantrag und/ oder die Antragsunterlagen unterzeichnen und eine entsprechende Vollmacht beifügen!
Besonderheit: Änderungen innerhalb der Bietergemeinschaft
Im laufenden Vergabeverfahren ist es prinzipiell unzulässig, die Identität der Bietergemeinschaft zu verändern. Bei Verstößen droht der Ausschluss vom Verfahren. Wurden Unterlagen in Form des Teilnahmeantrages oder bereits ein konkretes Angebot abgegeben, sind Änderungen der Zusammensetzung der Gesellschafter innerhalb der Bietergemeinschaft oder die Änderung der Rechtsform der Gemeinschaft als solche, mit aller höchster Vorsicht zu betrachten. Ohne juristische Beratung ist von einer solchen Änderung abzuraten.
Problem: Verstoß gegen § 1 GWB!?
Bietergemeinschaften sind auf den ersten Blick ein geeignetes Mittel, um trotz (zu) weit gefassten Losen, kleinen und mittelständischen Betrieben eine Teilnahme an Ausschreibungen zu ermöglichen. Allerdings sehen viele Gerichte und Vergabestellen den Zusammenschluss als Verstoß gegen § 1 GWB an. Demnach sind Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, verboten. Folge wäre der Ausschluss vom Vergabeverfahren!
Ob Bietergemeinschaften eine solche Vereinbarung darstellen und folglich verboten und vom Vergabeverfahren auszuschließen sind, erfahren Sie demnächst in einem weiteren Beitrag zum Vergaberecht.
Autorenhinweis
Die Autorin, Rechtsanwältin Anna Rehfeldt, LL.M mit Sitz in Berlin, berät Unternehmen, Freiberufler und sonstige Gewerbetreibende in den Bereichen Zivil-, Bau- und Vertragsrecht, Arbeitsrecht sowie im Marken-, Patent- und Wettbewerbsrecht. Hierbei liegt ihr Fokus in der Beratung und Betreuung von Handwerksbetrieben und kleinen- mittelständischen Unternehmen bei der alltäglichen Praxis! Etabliert haben sich insbesondere auch ihre Inhouse-Schulungen vor Ort!
Rechtsanwältin Anna Rehfeldt, LL.M.
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