Handwerk wird sich in Zweiklassen-Gesellschaft teilen
Das Handwerk kann sich zwar derzeit über satte Auftragsbücher freuen, sollte sichjedoch nicht darauf ausruhen und die Situation als selbstverständlich hinnehmen. Denn es ist die Innovationskraft und Kompetenz eines jeden Betriebes, die ihn erfolgreicher sein lassen als seine Mitbewerber. Doch um langfristig erfolgreich zu sein, müssen Hersteller, Handel und Handwerk noch enger zusammenarbeiten, um den Kunden die optimalen Lösungen anbieten zu können.
Das Handwerk kann sich derzeit vor Aufträgen kaum retten. Das ist zwar eine sehr erfreuliche Nachricht, dennoch sollte sich jeder einzelne darüber bewusst sein, dass nur derjenige langfristig erfolgreich ist, der auch mit der Zeit geht. Denn Kunden wünschen sich heutzutage weit mehr als nur eine handwerkliche Arbeit. Vielmehr wollen sie fachmännisch beraten und in ihren Ideen unterstützt fühlen. Doch genau hier hapert es bei manchen Handwerkern, was nicht immer nur an ihnen selbst liegt.
Handwerk 2.0 bildet die Zukunft
Im Grunde erlebt das Handwerk gerade eine Revolution, weg von den klassischen Verarbeitern, hin zu einer Mischung aus Verkäufer, Berater und Verarbeiter. Damit sprechen wir quasi von einem Handwerk 2.0. Wer hier nicht mithält, wird mittel- bis langfristig wohl auf der Strecke bleiben.
Immer mehr Menschen entschieden sich für den Bau von Eigenheimen, weil es die derzeitige Zinssituation immer noch hergibt. Doch erwartet der Kunde von seinen eingesetzten Dienstleistern längst nicht nur die Ausführung der anfallen Bau- und Ausbautätigkeiten. Vielmehr wünscht er sich eine rundum-sorglos-Betreuung von dem beauftragten Handwerksbetrieb. Dabei sind es insbesondere Innovationen, an denen der Kunde interessiert ist. Diese Kombination aus Verkäufer, Berater und Verarbeiter zu bieten, ist nicht einfach und Bedarf auch der Hilfe der Hersteller und des Handels.
Leider können viele Handwerksbetriebe diese Aufgabe gar nicht bewältigen, weil es ihnen selbst an Knowhow fehlt oder aber auch nicht ausreichend Innovationen seitens der Hersteller vorhanden sind, die sie an Kunden weitergeben könnten.
Entwicklung des Handwerks zur Zweiklassen-Gesellschaft
Handwerksmeister Thomas Graber hat die Herausforderung bereits erkannt und macht sich dafür stark, dass Hersteller, Handel und Verarbeiter viel enger zusammenarbeiten müssen, um den Kundenwunsch bestmöglich zu erfüllen. Denn er weiß, dass am Ende alle davon profitieren werden. Für Graber steht fest, dass das Handwerk der Zukunft eine Zweiklassen-Gesellschaft sein wird. Da gibt es dann die Betriebe, die im Baumarkt einkaufen und ausschließlich preisgünstige und gleichzeitig gering qualifizierte Arbeitskräfte einsetzen, um lediglich einfache Arbeiten auszuführen. Auf der anderen Seite werden die Betriebe stehen, die Fachkompetenz, Kreativität und lösungsorientierte Leistungen für ihre Kunden bereithalten möchten. Diese wollen dann wiederum in qualitativ hochwertiger Arbeit ausgeführt werden.
Zusammenarbeit von Hersteller, Handel und Verarbeiter unabdingbar
Um vor allem der letzten Gruppe den Rücken zu stärken, bedarf es dann aber auch an der Unterstützung durch Hersteller und Handel. So müsse Hersteller auch wieder mehr Spezialprodukte und Innovationen anbieten. Die derzeitige Entwicklung hin zu Universalprodukten erschwert die kreative Arbeit immens. Natürlich erhöhen Universalprodukte die Marge durch Verringerung von Kosten, doch ist dem Kunden damit nicht geholfen. Lediglich der Handwerker, der auf Altbewährtes setzt, wird hier unterstützt. Dass ihre Rendite dabei unter Umständen geringer ausfällt, weil kostenintensivere Spezialaufträge ausbleiben, ist die entsprechende Folge für diejenigen Betriebe, die eigentlich durch Kompetenz und Innovation hervorstechen möchten.
Und auch der Handel muss umdenken. Denn auch hier muss wieder mehr Fachpersonal eingesetzt werden, um eine entsprechende Beratungsleistung gegenüber den Handwerksbetrieben vorweisen zu können. Leider haben immer weniger Verkäufer im Fachhandel wirklich fundiertes Wissen, um die Verarbeiter entsprechend zu unterstützen.
Das Handwerk wird nur dann innovativ, kreativ und lösungsorientiert arbeiten, wenn alle am gleichen Strang ziehen. Daher sollte sich jeder einzelne bewusst machen, dass er den anderen in der Kette braucht und so alle am Ende profitieren werden.
Vorhaben: Grundsanierung eines Einfamilienhauses.
Von meiner Seite aus (selbst Handwerker) genaue Beschreibung der Arbeiten als Ansatzpunkt für die angeschriebenen Betriebe, von Elektro über Heizung bis Dach neu und Dachausbau alles dabei. von über 20 angeschriebenen Firmen haben sich 3(!) gemeldet und nur von einem Fensterbauer gabs ein Angebot das weit jenseits von Gut und Böse war. Jetzt mach ich den Kram eben selber mit Freunden aus anderen Handwerksbereichen und spare eben sechsstellige Lohnkosten. dauert dann eben länger aber geht auch. Ich hab mittlerweile das Gefühl das die Betriebe entweder nicht mehr längerfristig planen wollen (Ich hätte die einzelnen Gewerke über zwei Jahre strecken können, je nachdem wie es gepasst hätte) aber so ganz ohne Antwort ist schon doof..
Wer von denen, die sich hier beschweren sind denn bereit, 150-200€ für ein detailliertes Angebot zu bezahlen? Kunden beraten, Aufmaß nehmen, Preise vom Handel einholen und kalkulieren, dass sind 4-5 Std Zeitaufwand und am Ende gibt es nicht mal eine Absage. Kann man doch verstehen, dass die Firmen lieber ihre Stammkundschaft bedienen. Jeder will für seine Arbeit einen vernünftigen Lohn haben, doch wenn der Handwerker 80€ inkl. Steuer kostet, ist es Wucher. Das Auto wird in die Vertragswerkstatt zu einem Stundenlohn von 180€ gebracht.
Alles richtig Kollege, ich freue mich schon, wenn sich ein Kunde kurz per Antworten (Mail Taste) für unser kostenloses Angebot bedankt, ca. 10 Sekunden und wenige Mausklicks.
Passiert eigentlich selten oder nie, selbst auf eine freundliche Nachfrage, ob per Telefon oder Mail, ob unser kostenloses Angebot angekommen ist, kommt selten eine Antwort.
Zugleich wissen wir das solch ein L.V. Mit Preisen von einem Architekten oder einem ING. Büro ganz schnell, je nach Objekt auch mal 4-5 stellig kostet. Das machen wir Handwerker auf Zuruf für alle unbekannte Bürger, umsonst aber mit viel Know How, mit Kalkulation, an die wir uns halten müssen und wehe wir haben später eine Position vergessen, die will dann keiner bezahlen.
Was ich damit sagen will, manche Kollegen melden sich nicht auf Anfragen, weil sie keine Lust haben oder voll sind mit Aufträgen, nein sie melden sich nicht, weil der Tag nur 24 Stunden hat und wir nicht immer alles schaffen, noch nicht mal das Nachfragen oder Absagen.
Dann bleibt eigentlich nur noch die Konzentration auf Stammkunden.
aber ich kann den Frust verstehen, wenn der Kunde viele Handwerker anfragt und keine Antwort bekommt aber bitte versteht auch die Handwerker.
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Mein Kommentar dazu: Wir leben in der EU und ich werde mir Handwerker aus Polen oder sonst irgendwo herholen. Das Risiko anschließenden Ärgers gehe ich ein, Notfalls springt meine Versicherung ein, und werde wieder ausländische Facharbeiter nehmen.
Vernünftige Löhne müssen sein, aber keine Stundenlöhne und Materialkosten jenseits von Gut und Böse.
Grund: Für die Fotovoltaikanlage auf dem Dach fürs Reihenmittelhaus: 16.400 Euro - das war vor zwei Jahren und nur mit einem konnte ich einen Vorort-Termin machen. Badezimmer: Duschtasse mit Duschkabine mit 20 20x20 Fliesen erneuern - 2 Angebote 4500 und 5.500 Euro. Gartengestaltung: will keiner machen - keine Zeit, Anrufe bei mehreren Anbietern von Dachterrassenbauern - kein einzig Rückruf. Beratung für ein Podest im Haus: nur einer rief zurück, einer will nicht so richtig, den anderen musste ich auch mehrmals kontaktieren: "Muss ich mal sehen ob ich Zeit habe..."
Nebenbei der Hinweis an die Installateure, dass wir jetzt bald eine neue Heizung benötigen - es interessiert keinen. Wenn jemand sagt, das ist Marktwirtschaft, sage ich: Korona muss noch länger dauern, damit endlich die Preise sinken. Schade, dass so gedacht werden muss.
Schönen Tag ans Handwerk.