In breiten Schichten der Bevölkerung genießt die Arbeit in der Baubranche nach wie vor einen schlechten Ruf. Zu Unrecht, wie der Wettbewerb „Top Job“ zur Arbeitgeberattraktivität bewiesen hat. Bei der branchenübergreifenden Auszeichnung stellen Unternehmen aus dem Bausektor 25 Prozent aller erfolgreichen Bewerbungen. Ein mittelständischer Betrieb konnte sich sogar den Titel „Arbeitgeber des Jahres 2018“ sichern. Grundlage der Bewertung ist eine unabhängige, wissenschaftliche Studie der Universität St. Gallen auf Basis einer umfangreichen Mitarbeiterbefragung.
Wie viele andere Branchen leidet auch die Baubranche unter einem steigenden Fachkräftemangel. Die schlechte öffentliche Reputation, deren Ursprung in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts liegt, verstärkt die Problematik zusätzlich. Der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie (HDB), Dieter Babiel, betont ausdrücklich, dass „vielfach noch ein falsches Bild von der Bauwirtschaft besteht.“ Entgegen der öffentlichen Wahrnehmung biete die Branche „hervorragende Chancen“ und „Perspektiven auf allen Ebenen – von der Ausbildung bis hin zur Bauleitung“. Den Erfolg seines Industriezweigs bei „Top Job“ sieht er als Aufforderung, die mittlerweile hohe Arbeitgeberattraktivität besser nach außen zu kommunizieren und auf diese Weise Vorurteilen und veralteten Klischees aktiv entgegenzutreten.
Ein begehrtes Siegel für Arbeitgeber
Bereits seit 2002 wird „Top Job“ von der GmbH Zentrum für Arbeitgeberattraktivität (zeag) in Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen und der Politik veranstaltet. Die wissenschaftliche Betreuung übernimmt dabei ein Team des Instituts für Führung und Personalmanagement an der Uni St. Gallen unter Leitung von Prof. Dr. Heike Bruch. Politischer Schirmherr wiederum ist Wolfgang Clement, der von 2002 bis 2005 das Amt des Ministers für Wirtschaft und Arbeit in der Bundesregierung bekleidete.
Die Kriterien für das Gütesiegel sind objektiv festgelegt und werden streng überwacht. Von 120 Bewerbungen haben 2018 nur 85 Unternehmen sämtliche Anforderungen erfüllt – davon 22 aus der Baubranche. Sie dürfen nun für zwei Jahre das Siegel führen und damit werben, bevor sie sich einer neuen Prüfung stellen müssen. Mehr als die Hälfte aller Teilnehmer sind Mittelständer in Familienbesitz, sechs von ihnen gehören jedoch zu ebenfalls zu weltweiten Marktführern.
Ausgebildete Fachkräfte sind wichtiges Betriebskapital
Die Digitalisierung und die Vernetzung etwa durch IoT Lösungen stellen die Baubranche vor große Herausforderungen. Von den befragten Unternehmen gehen 93 Prozent davon aus, dass die technische Entwicklung sowohl die Prozesse im Allgemeinen wie auch speziell die Baubranche bereits in kurzfristiger Perspektive stark beeinflussen werden. Die Bandbreite der Anwendungen reicht von der Herstellung der Baustoffe bis zur Ausbildung. An Simulatoren mit Virtual Reality erlernen Maschinenführer ähnlich wie bislang Flugzeugpiloten die notwendigen Fähigkeiten für den praktischen Alltag und kritische Situationen.
Um ihr Personal halten zu können, müssen die Unternehmen eine entsprechende Arbeitgeberattraktivität herstellen und bewahren. Eine gute Bezahlung alleine mache noch lange keinen guten Arbeitgeber, betont Frank Kögel von der Kögel Bau GmbH & Co. KG aus Bad Oeynhausen. Sie setzt auf interne Kommunikation, Führungsqualität und nicht zuletzt ein werteorientiertes Management. 2018 gewann sie mit diesem Konzept den ersten Platz ihrer Größenklassen und die Auszeichnung „Arbeitgeber des Jahres 2018“.