Stellt der Auftraggeber dem Auftragnehmer Planungsunterlagen / Leistungsbeschreibung und/oder ein Leistungsverzeichnis zur Verfügung, die auf fehlerhaften Ausarbeitungen eines Sonderfachmanns beruhen, haftet der Auftragnehnmer auch im Rahmen seiner Prüf- und Hinweispflicht nicht, es sei denn, die Fehler sind offensichtlich.
Dem Auftragnehmer obliegt grundsätzlich eine Prüf- und Hinweispflicht, deren Verletzung zu seiner Haftung führt. Diese Pflicht trifft ihn auch in Bezug auf die Angaben zur vertraglichen Leistung, die er von seinem Auftraggeber erhält. Das heißt, er hat auch auf Widersprüche, Lücken und/oder Fehler im Leistungsverzeichnis, der Leistungsbeschreibung und der übergebenen Planung hinzuweisen, jedoch nur insoweit, als er Fehler tatsächlich erkennen kann oder erkennen könnte.
Dabei ist abzustellen auf die Kenntnisse, die er aufgrund seiner ausgeübten Unternehmens-tätigkeit und der erforderlichen Fortbildung objektiv haben muss. So muss er sich beispielsweise auch über Neuerungen bei den anerkannten Regeln der Technik, über neue Baustoffe und sonstige, sein Gewerk betreffende Änderungen laufend informieren. In der Regel können von ihm also Spezialkenntnisse, die in das Aufgabenbereich von Sonderfachleuten fallen, nicht verlangt werden.
Das Oberlandesgericht Köln hatte nun einen Fall zu entscheiden, indem dem Auftragnehmer vom Auftraggeber verbindlichen Vorgaben zur Ausführung seiner Leistung gemacht worden waren. Die dem Auftragnehmer übergebenen Unterlagen beruhten auf Planungen von Sonderfachleuten, die die Fehlerhaftigkeit nicht erkannt hatten. Das Oberlandesgericht befand, dass der Auftragnehmer nicht klüger sein muss als der Sonderfachmann und er sich auf die Aussagen des Sonderfachmanns verlassen darf. Eine Verletzung der Prüf- und Hinweispflicht lag damit nicht vor.
Davon sind jedoch 2 Ausnahmen zu beachten, in denen eine Verletzung der Prüf- und Hinweispflicht – und damit eine Haftung – dennoch gegeben ist:
- wenn ein Auftragnehmer Fehler eines Sonderfachmanns tatsächlich erkennt oder diese Fehler ganz offensichtlich sind und
- wenn der Auftragnehmer als Fachfirma über die entsprechenden Spezialkenntnisse verfügt.
Autorenhinweis
Die Autorin, Frau Prof. Inge Jagenburg, Lehrbeauftragte für Bau- und Architektenrecht, ist Rechtsanwältin in der Kanzlei Jagenburg Rechtsanwälte Partnerschaft und spezialisiert auf Bau-, Architekten- und Immobilienrecht sowie auf Vergaberecht. Die 1971 gegründete Kanzlei ist bundesweit tätig und hat Büros in Köln, Berlin und Dresden. Weitere Schwerpunkte der Kanzlei bestehen im individuellen und kollektiven Arbeitsrecht, im Wohnungseigentums- und Mietrecht.
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