Stellt der Auftragnehmer seine Arbeiten ein, weil der Auftraggeber eine fällige Abschlagszahlung nicht geleistet hat, ohne dass er zuvor dem Auftraggeber eine Nachfrist zur Zahlung gesetzt hat, kann der Auftraggeber den Vertrag wegen Verzugs kündigen und Ersatz der Mehrkosten eines Folgeunternehmers verlangen.
Der Auftragnehmer kann für seine erbrachten Leistungen grundsätzlich Abschlagszahlungen verlangen. Das gilt sowohl beim BGB- als auch beim VOB-Vertrag. Der Auftragnehmer muss den Abschlagsrechnungen eine prüfbare Aufstellung seiner vertragsgemäß erbrachten Leistungen beifügen, die dem Auftraggeber eine schnelle und sichere Beurteilung der Leistung ermöglicht. Beim VOB-Vertrag wird die Abschlagszahlung dann gem. § 16 Nr. 3 VOB/B binnen 21 Tagen nach Zugang der Aufstellung fällig, beim BGB-Vertrag tritt die Fälligkeit sofort ein.
Es kommt in der Praxis leider häufig vor, dass der Auftraggeber Abschlagszahlungen nicht oder nicht vollständig leistet. In diesen Fällen stellen Auftragnehmer oft ihre Arbeiten auf der Baustelle ein. Ein solches Recht steht dem Auftragnehmer zu, allerdings ist es an eine vorherige Fristsetzung gegenüber dem Auftraggeber gebunden. Versäumt es der Auftragnehmer, diese Nachfrist zur Zahlung zu setzen, darf er seine Arbeiten nicht einstellen. Tut er dies dennoch und wird dadurch die vertragliche Fertigstellungsfrist gefährdet, kann ihm der Auftraggeber den Vertrag aus wichtigem Grunde kündigen, was den Auftragnehmer zum Schadensersatz verpflichtet. Dies hat das Oberlandesgericht Karlsruhe nochmals bestätigt. Die gegen dieses Urteil gerichtete Beschwerde wurde vom Bundesgerichtshof zurückgewiesen.
Der Schadensersatz, den der Auftragnehmer zu leisten hat, besteht im wesentlichen aus den Mehrkosten, die der Auftraggeber an einen Folgeunternehmer zahlen muss, der die Leistung des gekündigten Auftragnehmers fertig stellen soll. Bei der Auswahl des Folgeunternehmers ist der Auftraggeber nicht verpflichtet, nach dem billigsten zu suchen oder auch nur mehrere Angebote einzuholen. Angesichts der ursprünglich vorgesehenen Fertigstellungsfrist ist in der Regel ein Folgeunternehmer zu finden, der kurzfristig Kapazitäten frei hat und deshalb schnell einspringen kann. Das führt dazu, dass der Auftraggeber denjenigen beauftragen darf, der gerade zur Verfügung steht.
Autorenhinweis
Die Autorin, Frau Prof. Inge Jagenburg, Lehrbeauftragte für Bau- und Architektenrecht, ist Rechtsanwältin in der Kanzlei Jagenburg Rechtsanwälte Partnerschaft und spezialisiert auf Bau-, Architekten- und Immobilienrecht sowie auf Vergaberecht. Die 1971 gegründete Kanzlei ist bundesweit tätig und hat Büros in Köln, Berlin und Dresden. Weitere Schwerpunkte der Kanzlei bestehen im individuellen und kollektiven Arbeitsrecht, im Wohnungseigentums- und Mietrecht.
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