Ist der Auftragnehmer für mehrere Bauvorhaben des Auftraggebers beauftragt und arbeitet er bei einem Bauvorhaben mangelhaft, kann der Auftraggeber wegen der Mängel nur Einbehalte vom Werklohn des Auftragnehmers vornehmen, der für das mängelbehaftete Bauvorhaben gezahlt werden soll.
Der Auftraggeber kann grundsätzlich einen Einbehalt vom Werklohn des Auftragnehmers vornehmen, wenn dieser mangelhaft geleistet hat. Das sieht sowohl die VOB/B als auch das BGB-Werkvertragsrecht vor. Bei Abschlagsrechnungen ist es ohnehin so, dass Zahlungen nur in Höhe des Wertes der erbrachten Leistung vom Auftraggeber zu erfolgen haben. Ist die abgerechnete Leistung mangelhaft, so ist sie nicht vollwertig, d.h. in Höhe der Kosten einer Mängelbeseitigung weniger „wert“. Hinzu kommt, dass der Auftraggeber – um den Auftragnehmer zur Mängelbeseitigung zu bewegen – noch einen „Druckzuschlag“ erheben kann, so dass er einen Einbehalt bis zur Höhe der doppelten Mängelbeseitigungskosten vornehmen kann.
Wird ein Auftragnehmer von einem Auftraggeber für verschiedene Bauvorhaben beauftragt, nehmen Auftraggeber häufig Einbehalte von der Vergütungsforderung des Auftragnehmers für eines der Bauvorhaben vor, obwohl die Mängel an einem anderen Bauvorhaben entstanden sind. Das geschieht in der Regel dann, wenn der Aufragnehmer für das mängelbehaftete Bauvorhaben bereits voll bezahlt ist, so dass für den Auftraggeber keine Möglichkeit eines Einbehaltes vom Werklohn für dieses Bauvorhaben mehr gegeben ist.
Das Kammergericht Berlin hat nun entschieden, dass dies nicht möglich ist. Vielmehr darf der Auftraggeber einen Einbehalt nur von der Vergütung des Auftragnehmers vornehmen, die dieser für das mangelhafte Bauvorhaben fordert. Vom Werklohn für ein anderes Bauvorhaben darf der Einbehalt nicht vorgenommen werden. Sollte allerdings auch dieses andere Bauvorhaben Mängel aufweisen, so kann der Auftraggeber auch hier Einbehalte vornehmen, aber eben nur für die Mängel an diesem Bauvorhaben.
Autorenhinweis
Die Autorin, Frau Prof. Inge Jagenburg, Lehrbeauftragte für Bau- und Architektenrecht, ist Rechtsanwältin in der Kanzlei Jagenburg Rechtsanwälte Partnerschaft und spezialisiert auf Bau-, Architekten- und Immobilienrecht sowie auf Vergaberecht. Die 1971 gegründete Kanzlei ist bundesweit tätig und hat Büros in Köln, Berlin und Dresden. Weitere Schwerpunkte der Kanzlei bestehen im individuellen und kollektiven Arbeitsrecht, im Wohnungseigentums- und Mietrecht.
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