Genehmigt der Auftraggeber den vom Auftragnehmer gestellten Nachtrag nicht und/oder ist dieser streitig, darf der Auftragnehmer die mit dem Nachtrag zu erbringende Leistung nicht bis zur Billigung des Nachtrags durch den Auftraggeber verweigern.
Der Bauleistungsvertrag zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer ist ein Werkvertrag. Beim Werkvertrag ist der Auftragnehmer vorleistungspflichtig, er kann deshalb die Erbringung seiner Leistung nicht davon abhängig machen, dass der Auftraggeber den Nachtrag zuvor billigt oder gar Vorauszahlungen dafür leistet. Die häufig in den Vertragsbedingungen des Auftraggebers enthaltene Bestimmung, wonach Nachtragsarbeiten nur bezahlt werden, wenn der Auftraggeber den Nachtrag vor Ausführung der Arbeiten genehmigt, ist unwirksam. Es kommt allein darauf an, ob die Nachtragsarbeiten beauftragt oder sonst notwendig sind, wobei sich das nach den sonstigen Vereinbarungen des Vertrages und der VOB/B oder dem BGB richtet.
Das Kammergericht Berlin hat dies nochmals in seinem Urteil vom 13.06.2017 ausdrücklich bestätigt indem es ausführt: „Vertragsdurchführung geht vor Preisgewissheit“. Sollte somit zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer Streit herrschen darüber, ob und wenn ja, in welcher Höhe dem Auftragnehmer für die Nachtragsarbeiten eine Vergütung zusteht, ist der Auftragnehmer dennoch zur Ausführung verpflichtet. Stellt er seine Arbeiten allein deshalb ein, weil der Nachtrag vom Auftraggeber nicht vor – oder während – der Ausführung der Nachtragsarbeiten bestätigt worden ist, kann der Auftraggeber den Vertrag aus wichtigem Grund kündigen mit der Folge, dass der Auftragnehmer möglicherweise den dem Auftraggeber durch Vergabe der Arbeiten an einen anderen Auftragnehmer entstehenden Schaden ersetzen muss.
Eine Möglichkeit, die Arbeiten einzustellen hat der Auftragnehmer erst, wenn der Auftraggeber die Bezahlung der bereits ausgeführten Nachtragsarbeiten verweigert bzw. diese nicht bezahlt. Voraussetzung ist allerdings auch hier, dass die Nachtragsarbeiten tatsächlich vergütungspflichtig sind, der Auftraggeber also die Bezahlung unberechtigt verweigert. Weiterhin muss der Auftragnehmer die Bezahlung seines Werklohnes beim Auftraggeber mit Fristsetzung anmahnen und diesem die Arbeitseinstellung für den Fall der Nichtzahlung bis zum Fristablauf androhen.
Autorenhinweis
Die Autorin, Frau Prof. Inge Jagenburg, Lehrbeauftragte für Bau- und Architektenrecht, ist Rechtsanwältin in der Kanzlei Jagenburg Rechtsanwälte Partnerschaft und spezialisiert auf Bau-, Architekten- und Immobilienrecht sowie auf Vergaberecht. Die 1971 gegründete Kanzlei ist bundesweit tätig und hat Büros in Köln, Berlin und Dresden. Weitere Schwerpunkte der Kanzlei bestehen im individuellen und kollektiven Arbeitsrecht, im Wohnungseigentums- und Mietrecht.
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