In allen Branchen kommt es zu Überstunden. Sei es dass der Fertigstellungstermin drückt oder der Auftraggeber zusätzliche Arbeiten verlangt. Auch Verzögerungen der Vorgewerke können Überstunden der eigenen Mitarbeiter begründen. Neben den Dokumentationspflichten, die durch das Mindestlohngesetz verschärft wurden, die aber auch tarifvertraglich bislang galten, stellt sich die für Arbeitgeber die Frage der Vergütung. Müssen die Überstunden auch dann bezahlt werden,wenn sie nicht ausdrücklich angeordnet sondern lediglich geduldet wurden?
Was ist passiert?
Eine Arbeitnehmerin hatte im Rahmen ihrer arbeitsvertraglichen Pflichten zusätzliche Überstunden geleistet. Diese Überstunden wurden durch die Arbeitnehmerin regelmäßig und wahrheitsgemäß dokumentiert und der Arbeitgeberin zur Kontrolle und zum Zweck der Abrechnung vorgelegt.
Die Arbeitgeberin verweigerte die Zahlung der geleisteten Überstunden mit der Begründung, dass diese nicht angeordnet wurden. Die Arbeitnehmerin hätte sich darauf verlassen dürfen, dass sie eine Vergütung für eigenmächtige Mehrarbeit bekommt. Hiergegen klagte die Arbeitnehmerin.
Die Entscheidung
Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (Az. 2 Sa 180/13) hat im Anschluss an das Urteil des BAG (Az. 5 AZR 122/12) die Arbeitgeberin zur Zahlung verurteilt. Eine Arbeitgeberin, die in Kenntnis geleisteter Überstunden diese duldet und keine Maßnahmen ergreift um die Mehrarbeit zu unterbinden, muss diese dann auch bezahlen.
Die Arbeitnehmerin hatte die zusätzlichen Stunden hinreichend dokumentiert und konnte die jeweiligen Arbeitstage mit Beginn und Ende sowie dem Saldo zur vertraglichen Arbeitszeit nachweisen. Die Arbeitgeberin hätte die ihr regelmäßig vorgelegten Zeiterfassungen mit den arbeitsvertraglichen Arbeitsstunden abgleichen können. Hierbei wären ihr die Überstunden aufgefallen und sie hätte Anordnungen zur Vermeidung treffen können und müssen. Dies insbesondere auch deshalb, weil sie als Arbeitgeberin für die Einhaltung der Regelungen des Arbeitszeitgesetzes in Bezug auf Pausen und Höchstarbeitszeiten zu sorgen hat.
Folglich habe die Arbeitgeberin die Überstunden geduldet und muss sie bezahlen. Etwas anderes wäre für den Fall anzunehmen, wenn die Arbeitgeberin die Überstunden aktiv untersagt hätte, die Arbeitnehmerin dann aber gleichwohl Mehrarbeit geleistet hätte. Ein solcher Fall lag hier aber nicht vor.
Fazit
Arbeitgeber sollte regelmäßig die eingereichten Stundenzettel ihrer Mitarbeiter überprüfen. Zum einen sollte dies im Hinblick auf die Einhaltung der Dokumentationspflichten sowohl nach dem MiLoG als auch nach den jeweils einschlägigen tarifvertraglich vorgesehenen Regelungen erfolgen. Zum anderen aber auch zur Eigenkontrolle und zur Abrechnung gegenüber dem Kunden bei Stundenvereinbarungen. Ist der Nachweis richtig? Können die Arbeiten abgerechnet werden?
Unternehmen die bisher einer tarifvertraglichen Dokumentationspflicht für ihre gewerblichen Arbeitnehmer unterlagen, sollten zudem beachten, dass nunmehr auch für Gewerke nach § 2a SchwarzArbG für sämtliche Arbeitnehmer die Dokumentation erfolgen muss (kaufmännisches Personal etc.). Bei Minijobbern besteht eine Pflicht zur Zeiterfassung sogar branchenunabhängig.
Die Nachweise müssen binnen 7 Tage nach Arbeitsleistung dem Arbeitgeber vorgelegt und für mind. 2 Jahre aufbewahrt werden. Die Aufzeichnungen sind an keine Formvorschriften gebunden.
Bei Fehlern, sollten diese unverzüglich gegenüber dem Arbeitnehmer gerügt werden und eine Berichtigung verlangt werden. Ansonsten könnten die (fehlerhaften) Überstunden eine Nachzahlungspflicht begründen. Soweit Ausschlussfristen möglich sind, kann die Vereinbarung einer solchen das Nachzahlungsrisiko ebenfalls begrenzen.
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Autorenhinweis
Die Autorin, Rechtsanwältin Anna Rehfeldt, LL.M mit Sitz in Berlin, berät Unternehmen, Freiberufler und sonstige Gewerbetreibende in den Bereichen Zivil-, Bau- und Vertragsrecht, Arbeitsrecht sowie im Marken-, Patent- und Wettbewerbsrecht. Hierbei liegt ihr Fokus in der Beratung und Betreuung von Handwerksbetrieben und kleinen- mittelständischen Unternehmen bei der alltäglichen Praxis! Etabliert haben sich insbesondere auch ihre Inhouse-Schulungen vor Ort!
Rechtsanwältin Anna Rehfeldt, LL.M.
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