Ferienjobs, Praktikum und Ausbildung: arbeitsrechtliche Besonderheiten für die Praxis

Die Sommer- und Semesterferien laufen in fast allen Bundesländern. Der Ausbildungsbeginn startete am 01. August oder folgt im September. Egal wie, derzeit sind viele Schüler, Studenten und Praktikanten auf der Suche nach geeigneten Stellen in Handwerksbetrieben. Für Betriebe besteht die Chance auf potenzielle Fachkräfte und eine frühe Bindung an und in das Unternehmen.  Welche gesetzlichen Besonderheiten bestehen aber? Und hat das Mindestlohngesetz Änderungen gebracht?

1. Arbeitszeiten – Wer darf wann und wie lange arbeiten?
Bei der Bestimmung der Arbeitszeit ist das Jugendarbeitsschutzgesetz zu beachten. Hierbei ist zwischen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zu unterscheiden. Aus dem Gesetz ergibt sich folgende Differenzierung:

bis 13 Jahre
keine Beschäftigung erlaubt

13-15 Jahre
Beschäftigung bis zu 2 Stunden pro Tag und Einwilligung der Erziehungsberechtigten
Achtung: nur leichte Arbeiten sind zulässig und keine Beschäftigung auf Baustellen!

15- 18 Jahre
Vier Wochen pro Jahr sind erlaubt. Die Wochen sind zusammenzurechnen, also auch Beschäftigungen aus vorangegangenen Ferien (=max 20 Ferientage)

ab 18 Jahre
keine Begrenzung der Arbeitszeit nach dem Jugenarbeitsschutzgesetzes, selbst dann nicht wenn die Person noch zur Schule geht (Abitur o.Ä.)

2. Besonderheiten bei Schülern zwischen 15 und 18 Jahren
Schüler zwischen 15 und 18 Jahren dürfen täglich nicht länger als 8 Stunden beschäftigt werden. Die Arbeitszeit muss zwischen 6-22 Uhr liegen. Nach fünf Arbeitstagen müssen zwei Tage frei sein. Ausnahmen vom Verbot der Wochenendarbeit bestehen für einzelne Branchen der Bäcker und Gastronomen. Pausen müssen  bei einer Arbeitszeit von 4,5 – 6 Stunden mind. 30 Minuten betragen und bei einer Arbeitszeit von über 6 Stunden, mindestens 60 Minuten Pause.

3. schriftlicher Vertrag: ja oder nein?
Durch das MiLoG wurde auch das Nachweisgesetz geändert. Wer einen Praktikanten beschäftigt, muss unverzüglich nach Abschluss des Praktikumsvertrages, spätestens aber vor Aufnahme der Tätigkeit, die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederlegen, die Niederschrift unterzeichnen und dem Praktikanten eine Kopie auszuhändigen. Im Übrigen ist ein schriftlicher Vertrag aus Beweis- und Nachweisgründen auch bei Schüler- und Studententätigkeiten zu empfehlen.

4. Muss der (gesetzliche) Mindestlohn gezahlt werden?
Gemäß § 22 MiLoG gelten die gesetzlichen Bestimmungen nicht für Kinder und Jugendliche im Sinne des Jugendarbeitsschutzgesetzes (siehe Frage 1), dass heißt für Personen unter 18 Jahren ohne Berufsabschluss und auch nicht für Auszubildende, unabhängig vom Alter!

Folge: Bei der Beschäftigung von Schülern unter 18 Jahren und Azubis ist kein gesetzlicher Mindestlohn zu zahlen.

Achtung: Ist in einer Branche wie im Bau-, Dachdecker-, Elektro- oder Malerhandwerk ein tariflicher Mindestlohn festgelegt, muss dieser gezahlt werden, wenn der Beschäftigte über 18 Jahre alt ist. Schüler, die auf dem Bau arbeiten, müssen zudem bei der SOKA-BAU gemeldet werden. Für sie sind Sozialkassenbeiträge zu entrichten.

Praxistipp: Bei unter 18 jährigen Schülern sollte eine Schulbescheinigung vorgelegt werden.

5. Sonderfall Praktikum
Für Praktikanten sieht das MiLoG verschiedene Ausnahmeregelungen vor. Gemäß § 22 MiLoG muss kein (gesetzlicher) Mindestlohn gezahlt werden, bei Praktika die verpflichtend auf Grund einer (Hoch-) schulrechtlichen Bestimmung oder einer Ausbildungsordnung zu leisten sind oder ein Praktikum von bis zu drei Monaten zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums oder ein Praktikum von bis zu drei Monaten begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung, wenn nicht zuvor ein solches Praktikumsverhältnis mit demselben Ausbildenden bestanden hat.

Achtung: Tarifverträge können auch hier andere Regelungen enthalten.

Praxistipp: Ein Praktikum liegt, unabhängig von der Bezeichnung vor, wenn nach der tatsächlichen Durchführung der Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit im Vordergrund steht, ohne dass es sich dabei um eine Berufsausbildung handelt.

6. Sind Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen?
Schüler aus allgemeinbildenden Schulen sind für die Dauer von 4 Wochen bei einer Aushilfstätigkeit von der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung befreit. Ausnahme: Der Schüler arbeitet dauerhaft neben der Schule im Betrieb. Von der Arbeitslosenversicherung sind Schüler generell befreit.
Achtung: Sobald die Schulzeit endet, entfällt die Versicherungsfreiheit. Dass kann insbesondere zwischen Abschlusszeugnis und Ausbildungsbeginn bedeutsam werden.

Die Regelungen nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz sehen für die Sozialversicherung folgende Differenzierungen vor:

Arbeitszeit während der Ferien ab 2015 bis 2018 bis max. 3 Monate/ 70 Tage
keine Sozialversicherungspflicht

Beschäftigung ab 2015 bis 2018 bis max. 3 Monate/ 70 Tage und max. 450 € pro Monat
Sozialversicherungsfrei (geringfügig entlohnte Beschäftigung) Arbeitgeber muss Pauschalbeiträge entrichten

Beschäftigung  ab 2015 bis 2018 bis max. 3 Monate/ 70 Tage und mehr als 450 € pro Monat
Sozialversicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung. Versicherungsfrei in der Arbeitslosenversicherung.

7. Melde- und Unterweisungspflichten
Geringfügig beschäftigte Schüler und Studenten müssen bei der Minijob-Zentrale gemeldet werden. Für sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse gelten die Meldepflichten wie für andere Arbeitnehmer. Während der Ferienarbeit besteht Unfallversicherungsschutz über die BG des Arbeitgebers. Vor Beginn der Arbeit, muss der Arbeitgeber die Schüler über mögliche Unfall- und Gesundheitsgefahren und deren Vermeidung am Arbeitsplatz unterweisen.
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Arbeitsplatz und die Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass die Schüler bei ihrer Tätigkeit vor gesundheitlichen Gefahren geschützt sind.

8. Und was ist mit der (Lohn-) Steuer?
Schüler und Studenten, die in den Ferien, neben dem Studium oder nach der Schule einer nichtselbständigen Beschäftigung nachgehen, sind (steuerrechtlich) Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber muss die Lohnsteuer einbehalten und an das Finanzamt abführen.
Die Berechnung kann entweder individuell nach den jeweiligen Lohnsteuerabzugsmerkmalen erfolgen oder pauschal bei eine Teilzeitbeschäftigung im Rahmen eines „450-Euro-Jobs“. Auch in diesem Fall ist allerdings der Lohnsteuerabzug nach Steuerklasse I der Regelfall.

Autorenhinweis

Rechtsanwältin Anna RehfeldtDie Autorin, Rechtsanwältin Anna Rehfeldt, LL.M mit Sitz in Berlin, berät Unternehmen, Freiberufler und sonstige Gewerbetreibende in den Bereichen Zivil-, Bau- und Vertragsrecht, Arbeitsrecht sowie im Marken-, Patent- und Wettbewerbsrecht. Hierbei liegt ihr Fokus in der Beratung und Betreuung von Handwerksbetrieben und kleinen- mittelständischen Unternehmen bei der alltäglichen Praxis! Etabliert haben sich insbesondere auch ihre Inhouse-Schulungen vor Ort!


Rechtsanwältin Anna Rehfeldt, LL.M.
Pettenkoferstr. 14b · 10247 Berlin
Tel.: +49 (0) 30 – 311 79 106, Mobil: +49 (0) 172 – 574 2012
mail@ra-rehfeldt.de, www.ra-rehfeldt.de

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