Bei unverschuldeter Krankheit des Arbeitnehmers, muss der Arbeitgeber den Lohn bis zu einer Dauer von 6 Wochen bei gleicher Krankheit fortzahlen. Das ist eine Ausnahmen zu dem Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“. Der Nachweis der Arbeitsunfähigkeit erfolgt in der Regel durch die Bescheinigung des Arztes. Was aber kann der Arbeitgeber tun, wenn das Attest den Schein einer Gefälligkeit erweckt? Bestehen Ansprüche gegen den Arzt?
Hintergrund
Das Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) definiert nicht wann genau „Arbeitsunfähigkeit“ vorliegt.
Der gemeinsame Bundesausschuss hat allerdings in § 2 der Arbeitsunfähigkeitsrichtlinie festgelegt, dass „Arbeitsunfähigkeit vorliegt, wenn Versicherte auf Grund von Krankheit ihre zuletzt vor der Arbeitsunfähigkeit ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausführen können. Bei der Beurteilung ist darauf abzustellen, welche Bedingungen die bisherige Tätigkeit konkret geprägt haben. Arbeitsunfähigkeit liegt auch vor, wenn auf Grund eines bestimmten Krankheitszustandes, der für sich allein noch keine Arbeitsunfähigkeit bedingt, absehbar ist, dass aus der Ausübung der Tätigkeit für die Gesundheit oder die Gesundung abträgliche Folgen erwachsen, die Arbeitsunfähigkeit unmittelbar hervorrufen.“
Was ist aber bei erheblichen Bedenken gegen das vorgelegte Attest zu tun?
1. Haftung des Arztes
Zunächst kommt eine Haftung des Arztes selbst in Betracht. Als Schaden wäre in diesem Fall die Lohnfortzahlung anzusehen. Der Arbeitgeber kann bei Gefälligkeitsattesten den gezahlten Lohn vom Arzt erstattet verlangen. Dies gilt jedoch nur, wenn das Attest tatsächlich zu unrecht ausgestellt worden ist, was der Arbeitgeber nachzuweisen hat. Hier kann ein Hinweis an den Arzt, dass ein solches Verhalten strafbar ist (§106 Abs. 3a SGB V, § 278 StGB) unter Umständen ein Einlenken bewirken. Ansonsten dürfte der Nachweis praktisch kaum möglich sein.
2. Medizinischer Dienst
Der Arbeitgeber kann bei Zweifeln auch den medizinischen Dienst der Krankenkassen einschalten. Dies jedoch nur bei gesetzlich krankenversicherten Arbeitnehmern. Solche Zweifel können daraus folgen, dass der Arbeitnehmer zum Beispiel auffällig oft „krank“ ist oder immer wieder nur für einen kurzen Zeitraum oder aber Krankheiten immer zu Beginn oder Ende einer Woche auftreten. Zweifel können zudem auch dann bestehen, wenn der attestierende Arzt zuvor schon durch schnelle Bescheinigungen „bekannt“ ist. Gemäß § 275 SGB V kann der Arbeitgeber dann eine Prüfung durch den medizinischen Dienst verlangen.
3. unverzügliche Vorlage des Attests
Der Arbeitnehmer ist verpflichtet dem Arbeitgeber seine Arbeitsunfähigkeit mitzuteilen und auch die voraussichtliche Dauer zu benennen. Dauert die Krankheit voraussichtlich länger als 3 Tage, muss der Arbeitnehmer ein Attest vorlegen.
Praxistipp: Entgegen einem weit verbreitetem Irrtum besteht die Vorlagepflicht dann bereits ab dem 1. Tag und nicht erst ab dem 3. Tag.
Bei einer länger als 3 Tage dauernden Krankheit, kann der Arbeitgeber also die Vorlage eines Attest bereist am 1. Tag der Arbeitsunfähigkeit verlangen!
Von diesem Recht sollte er insbesondere bei „auffälligen“ Arbeitnehmern Gebrauch machen. Hier kann die Vorlage abschreckende Wirkung entfalten. Allerdings birgt es auch die Gefahr, dass Arbeitnehmer dann für einen längeren Zeitraum ein Attest bekommen, als ohne Gang zum Arzt. Hier muss jeder Einzelfall abgewogen werden.
Es ist durch sachliche Gründe auch gerechtfertigt, von einzelnen Arbeitnehmer eine Bescheinigung ab dem ersten Tag zu verlangen und von anderen Arbeitnehmern nicht. Hier kommen die unter Punkt 2 benannten „Zweifel“ als Gründe in Betracht.
4. Krankheit während des Urlaubs
Arbeitgeber sollten beachten, dass der Arbeitnehmer bei Krankheit während des Erholungsurlaubs, diese Tage erneut zu gewähren sind. Die Urlaubstage gehen dem Arbeitnehmer nicht verloren!
Praxistipp: Das gilt nicht für Ausgleichstage aufgrund von Überstunden. Wird der Arbeitnehmer während eines Ausgleichstages für Mehrarbeit krank, hat er keinen Anspruch auf erneute Gewährung des Tages. Der Tag ist weg!
5. Krankenbesuch
Der Arbeitgeber ist berechtigt, seinen Arbeitnehmer einen Krankenbesuch abzustatten. Das kann neben der Fürsorge zugleich auch zur Kontrolle dienen. Der Arbeitnehmer ist aber nicht verpflichtet den Arbeitgeber in seine Wohnung zu lassen.
Praxistipp: Es ist nicht zwingend notwendig, dass der Arbeitnehmer zu Hause zu sein hat oder sogar im Bett liegen muss. Es kommt hier maßgeblich auf die Krankheit an. Der Arbeitnehmer hat nur dass zu unterlassen, was einer Genesung entgegensteht. So kann bei Fieber tatsächlich Bettruhe erforderlich sein. Bei einem „Hexenschuss“ dürfte der Besuch im Fitnessstudio eher schädlich sein. Der Spaziergang an der frischen Luft bei einer verstauchten Hand, kann keinen Vorwurf begründen.
6. Überwachung/ Detektiv
Bei einem konkreten Verdacht darf der Arbeitgeber den Arbeitnehmer durch einen Detektiv überwachen lassen. Bestätigt sich in Folge der Überwachung, dass der Arbeitnehmer die Krankheit nur vorgetäuscht hat, muss er neben einer Kündigung, auch mit den Kosten für den Detektiv rechnen . Achtung: Hierfür ist aber ein konkreter Verdacht erforderlich. Ohne Anlass keine Überwachung!
Autorenhinweis
Die Autorin, Rechtsanwältin Anna Rehfeldt, LL.M mit Sitz in Berlin, berät Unternehmen in den Bereichen Zivil-, Bau- und Vertragsrecht, Arbeitsrecht sowie im Marken-, Patent- und Wettbewerbsrecht. Zudem übernimmt sie das Forderungsmanagement für Unternehmen!
Etabliert haben sich insbesondere ihre Inhouse-Schulungen sowie ihr Angebot einer externen Rechtsabteilung (http://www.ra-rehfeldt.de/service/)!
Rechtsanwältin Anna Rehfeldt, LL.M.
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