Rückzahlung von Fortbildungskosten durch den Arbeitnehmer?

Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen sind nicht nur auf der Chefetage von wesentlicher Bedeutung. Mitarbeiter und Azubis sollten gleichermaßen an regelmäßigen Schulungen und Seminaren teilnehmen. Gerade im Handwerk sind Themen wie Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit, aber auch Produktneuheiten und Gesetzesänderung für einen erfolgreichen Betrieb und zur Vermeidung von Unfällen und Haftungsrisiken kontinuierlich zu behandeln. Das kostet aber auch Geld! Kann der Chef die Kosten zurückverlangen, wenn der Mitarbeiter eher schlecht als recht an einem Seminar teilnimmt?

Hintergrund
Eine Klausel zur Rückzahlung von Fortbildungskosten in vorformulierten Arbeitsverträgen unterliegt der AG-Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB. Demnach ist eine solche Klausel unwirksam, wenn sie den Vertragspartner (Arbeitnehmer) unangemessen benachteiligt. Eine unangemessene Benachteiligung liegt vor, wenn die Regelungen mit den wesentlichen gesetzlichen Grundgedanken und unter Beachtung der arbeitsrechtlichen Besonderheiten nicht vereinbar ist. Hierbei ist eine Gesamtbetrachtung des jeweiligen Einzelfalls vorzunehmen! Wer hat ein wirtschaftliches Interesse an der Fortbildung? Wer trägt das unternehmerische Risiko? Wie sind die persönlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers? Welche Position nimmt der Arbeitnehmer ein? Wie lange ist er bereits beschäftigt….?
Hinzu kommen noch formelle Aspekte. Wo steht die Klausel im Gesamtvertrag und ergibt sich ein kompensierender oder summierender Effekt?
Unabhängig von dieser Vielzahl an Umständen, benachteiligt eine Rückzahlungsklausel den Arbeitnehmer aber jedenfalls dann unangemessen, wenn sie nicht danach differenziert, wer für das Misslingen verantwortlich ist!

Was ist passiert?
Die Parteien stritten um die Rückzahlung von Fortbildungskosten. Der Arbeitnehmer nahm erfolglos an einer Weiterbildungsmaßnahme teil. Die Arbeitgeberin verlangte sodann die Rückzahlung der Kosten. Den Anspruch begründete sie u.a. mit einer Regelung im Arbeitsvertrag zur Rückzahlung sowie aus einer Betriebsvereinbarung.
Der Arbeitnehmer verweigerte die Zahlung. Nach seiner Ansicht habe er ohne jede Fehlzeit an der Schulung teilgenommen und alles in seiner Macht stehende zum erfolgreichen Abschluss der Prüfungen getan. Um hierüber Klarheit zu verschaffen, erhob er eine sog. negative Feststellungsklage, mit dem Antrag festzustellen, dass er nicht zur Rückzahlung verpflichtet sei.

Die Entscheidung
Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen (Az. 17 Sa 274/14) hat die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt und eine Rückzahlungspflicht verneint.
Ein Anspruch kann der Arbeitgeber nicht aus dem Arbeitsvertrag herleiten, da die entsprechende Klausel unwirksam sei. Die Regelung differenziert nicht danach aus welcher Sphäre das Scheitern der Maßnahme stammt, sodass auch Umstände erfasst werden, die der Arbeitnehmer nicht beeinflussen kann. Es muss vielmehr darauf abgestellt werden, dass die erfolglose Beendigung gerade auf ein steuerbares und vorwerfbares Verhalten des Arbeitnehmers zurückzuführen ist. Alles andere widerspricht den berechtigten Interessen des Arbeitnehmers und ist unangemessen. Scheitert die Abschlussprüfung zum Beispiel durch personenbezogenen Gründe (Krankheit) oder fehlenden persönlichen Eigenschaften, hat der Arbeitnehmer den fehlenden Erfolg nicht schuldhaft herbeigeführt. Gleiches gilt, wenn die Prüfung trotz persönlicher Anstrengungen misslingt.
Den Rückzahlungsanspruch konnte die Arbeitgeberin auch nicht auf die Betriebsvereinbarung stützen. Das Gericht hatte bereits Bedenken, ob der Betriebsrat überhaupt zuständig ist. Jedenfalls sei die Vereinbarung aber unverhältnismäßig. Hier gelten die gleichen bzw. sogar strengere Maßstäbe, wie bei der individualvertraglichen AGB-Kontrolle, sodass auch die Betriebsvereinbarung unwirksam ist.

Kurz: Eine Klausel, die den Arbeitnehmer zur Rückzahlung von Fortbildungskosten für den Fall des Nichtbestehens einer Prüfung verpflichtet, benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen, wenn die Klausel nicht danach differenziert, aus wessen Verantwortungsbereich der Grund für die erfolglose Fortbildungsteilnahme stammt.
Betriebsvereinbarungen über Rückzahlungsverpflichtungen, müssen die für AGB-Verträge entwickelten Schranken beachten.

Fazit
Grundsätzlich ist es möglich in Arbeitsverträgen eine Rückzahlungsvereinbarung zu treffen. Sowohl für den Fall eines vorzeitigen Ausscheidens des Arbeitnehmers als auch für den Fall, dass die Weiterbildung „nicht bestanden“ wird. Wer als Arbeitgeber in seinen Arbeitsverträgen eine Rückzahlungsklausel vereinbart hatte, sollte aber prüfen (lassen) ob diese auch wirksam ist. Nur wenn danach unterschieden wird, wer für die fehlgeschlagene Fortbildung verantwortlich ist, kann ein Rückzahlungsanspruch bestehen. Im Übrigen bleibt der Arbeitgeber auf den Kosten sitzen. Insbesondere ist nach der Entscheidung des Gerichts ohne Bedeutung, ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer in erheblichem Umfang und unter voller Fortzahlung der Vergütung für die Fortbildung von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt hat.

Autorenhinweis

Rechtsanwältin Anna RehfeldtDie Autorin, Rechtsanwältin Anna Rehfeldt, LL.M mit Sitz in Berlin, berät Unternehmen, Freiberufler und sonstige Gewerbetreibende in den Bereichen Zivil-, Bau- und Vertragsrecht, Arbeitsrecht sowie im Marken-, Patent- und Wettbewerbsrecht. Hierbei liegt ihr Fokus in der Beratung und Betreuung von Handwerksbetrieben und kleinen- mittelständischen Unternehmen bei der alltäglichen Praxis! Etabliert haben sich insbesondere auch ihre Inhouse-Schulungen vor Ort!


Rechtsanwältin Anna Rehfeldt, LL.M.
Pettenkoferstr. 14b · 10247 Berlin
Tel.: +49 (0) 30 – 311 79 106, Mobil: +49 (0) 172 – 574 2012
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