Rückkehr zur Meisterpflicht? Bauwirtschaft begrüßt Prüfung

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Foto: Roland Riethmüller

Heftige Diskussionen begleiteten die Abschaffung der Meisterpflicht für 53 Gewerke in Jahr 2004. Die Debatte ist seitdem nicht verstummt und wird auch in der Politik weiter kontrovers geführt. Im neu geschlossenen Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD wird nun eine Prüfung der Wiedereinführung in allen oder ausgewählten Berufen gefordert. Damit reagiert die Politik auf eine jahrelange Forderung der Bauwirtschaft, endlich wieder mehr auf Qualität zu setzen.

Als Gründe für die Prüfung der Wiedereinführung der Meisterpflicht führen verantwortliche Politiker unter anderem eine durch den Meistertitel nachgewiesene Ausbildung, einen besseren Schutz der Verbraucher und Missbrauch im Arbeitsrecht auf. Branchenverbände der Bauwirtschaft wie die Fachgemeinschaft Bau (FG Bau) begrüßten das Vorhaben, das eine von ihnen lange erhobene Forderung umsetzt. Denn wie von Branchenkennern und Fachverbänden befürchtet, setzte damals nach dem Wegfall der Auflagen für die selbstständige Tätigkeit im Handwerk ein Boom an Neugründungen ein. Ein Beispiel für diese Entwicklung sind die Fliesenleger. Die Anzahl der Betriebe stieg von 12.000 innerhalb weniger Jahre um das Siebenfache auf 72.000 an. Viele Unternehmen und Arbeitskräfte strömten aus den Nachbarstaaten auf den liberalisierten Markt. Mittlerweile sind über 20.000 Fliesenleger aus dem Ausland in Deutschland registriert. Eine Ausbildung oder gar einen Meistertitel müssen sie nicht vorweisen. Das senkt deren Attraktivität und führt dazu, dass deutsche Unternehmen nur noch schwer Auszubildende finden. Klaus Müller, der Geschäftsführer des Volkswirtschaftlichen Instituts für Mittelstand und Handwerk (IFH), belegt diesen Trend mit entsprechenden Statistiken. Von 9.500 Ausbildungsstellen in der Mitte der 90er Jahre fiel die Zahl auf 3.500 bei Abschaffung der Meisterpflicht und läge aktuell nur noch bei etwa 2.000.

Schlechte Qualität und hoher Preisdruck als direkte Folge

Viele Anbieter setzten mittlerweile massiv auf Subunternehmen und nutzten die Scheinselbstständigkeit, um Sozialabgaben zu umgehen und die Löhne zu drücken, kritisiert Dr. Manja Schreiner, die Hauptgeschäftsführerin der FG Bau. Über 90 Prozent aller Betriebe bestünden aus einer einzigen Person. Das Absinken der Qualität und der Qualifikation sei enorm und gehe zulasten der Verbraucher. Dies würde sogar von manchen Auftraggebern billigend in Kauf genommen, um die Kosten zu senken, bestätigt Thomas Lustig, selbst Fliesenleger mit Meistertitel . Sie forderten ihn gezielt dazu auf, ausländische Subunternehmer zu verwenden, um günstigere Preise zu bekommen.

Politik reagiert auf jahrelange Forderungen

Um die Ausbildung wieder attraktiver zu machen und den Meistertitel aufzuwerten, greift die kommende Bundesregierung die Forderungen von Kleinunternehmern und Verbänden in ihrem Koalitionsvertrag auf. Bereits vor der Wahl hatte Carsten Linnemann als Chef der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung die Wiedereinführung der Meisterpflicht für alle 53 Gewerke gefordert. Hintergrund sind nicht zuletzt Pläne der EU-Parlaments, den europäischen Markt für Freiberufler noch stärker zu liberalisieren. Sie sollen künftig eine elektronische Dienstleistungskarte erhalten, die sie zur Arbeit in jedem Land und ohne bürokratische Hürden berechtigt. Bereits die Abschaffung im Jahr 2004 ging auf den Druck aus Brüssel zurück, das Deutschland vorwarf, seinen Binnenmarkt durch den Meistertitel gegen ausländische Arbeitnehmer abzuschotten. Eine Pflicht gilt seitdem nur noch für 41 Berufe wie beispielsweise Gerüstbauer, Maler und Zimmerer.

Falsche Anreize durch Deregulierung der Meisterpflicht

Forderungen für eine Rückkehr stammen in erster Linie aus der CDU, die die Abschaffung durch die rot-grüne Regierung unter Gerhard Schröder schon immer als einen Fehler bezeichnet hat. Sie sieht außerdem das traditionelle Handwerk und die Weitergabe des Fachwissens bedroht. Die Deregulierung habe falsche Anreize gesetzt und einseitig die Gründung neuer Firmen bevorzugt. Konkrete Schritte einer Wiedereinführung sieht der Koalitionsvertrag allerdings nicht vor, sondern lediglich eine intensive, zeitnahe Überprüfung der aktuellen Lage.

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