Mit dem Ausstieg des Baukonzerns Hochtief aus dem Arbeitgeberverband entfiel auch die Tarifbindung im Bauhauptgewerbe. Ein zuvor von der Gewerkschaft mit dem Baukonzern ausgehandelter Haustarifvertrag hat nun „das Vakuum“ gefüllt. Inhaltlich basieren die Regelungen auf dem Flächentarifvertrag plus zusätzlicher Regelungen für mobiles Arbeiten. Dass Hochtief damit allerdings die erwarteten Vorteile realisieren konnte, bezweifeln Branchenkenner.
Hochtief hat wieder einen Tarifvertrag! Vergangene Woche ist die Erklärungsfrist für das vorläufige Tarifergebnis zwischen der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) und dem Baukonzern verstrichen. Denn bereits Mitte Juli 2017 verhandelten die Arbeitnehmervertreter mit dem Arbeitgeber über einen Haustarifvertrag bei Hochtief. Nach zwölfstündigen, zähen Gesprächen einigten sich damals die Tarifparteien in der vierten Verhandlungsrunde auf ein vorläufiges Tarifergebnis.
Anerkennung Flächentarifvertrag plus neue Regelungen zum mobilen Arbeiten
Demnach wurde das Lohn- und Gehaltsgefüge zwischen Ost und West vereinheitlicht und der geltende Flächentarifvertrag vom Bauhauptgewerbe im Baukonzern festgeschrieben. Die Urlaubsregelung mit 30 Arbeitstagen war ebenso wie die Regelung zum 24. und 31. Dezember Bestandteil der Einigung. Für Dietmar Schäfers, dem Stellvertretenden IG Bau-Bundesvorsitzenden, ist das Ergebnis ein „für beide Seiten tragbarer Kompromiss“, der ohne Arbeitskampf erreicht wurde. Auch das IG Bau-Bundesvorstandsmitglied Carsten Burckhardt lobt die Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmern von Hochtief: „Die Beschäftigten haben mit ihrem Engagement eine Absenkung der Arbeitsbedingungen verhindert.“ Darüber hinaus konnten noch zusätzliche moderne Arbeitsregelungen in den Haustarifvertrag aufgenommen werden. Mit dem Tarifvertrag über mobiles Arbeiten (Homeoffice) werden damit für Beschäftigte auf Auswärtsbaustellen die tariflichen Regelungen für Unterkunft und Verpflegung verbessert. Wer aufgrund der Entfernung nicht täglich nach Hause fahren kann, hat demnach künftig Anspruch auf die Bereitstellung eines Einzelzimmers und einen Verpflegungszuschuss in Höhe von 28 Euro. Dieser wird übrigens auch am Sonntag für erforderliche Anreisen gezahlt.
Gesicherte Arbeitsbedingungen trotz Ausstieg von Hochtief
Damit konnte die IG Bau vor allem mit der Anerkennung der gültigen Tarifverträge für Lohn, Gehalt und Ausbildungsvergütung sicherstellen, dass die Beschäftigten nach dem Ausstieg des Baukonzerns aus dem Arbeitgeberband nicht benachteiligt werden. Denn zum Jahreswechsel 2016/17 war Hochtief überraschend aus dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) als Arbeitgebervertreter ausgestiegen. Branchen-Experten zufolge erhofften sich die spanischen Investoren dadurch eine Kostenersparnis. Gleichzeitig wollte der Baukonzern durch ein eigenes Berlin-Büro seine Lobby-Arbeit intensivieren. Ob die Erwartungen von Hochtief zufriedenstellend erfüllt wurden, wird in der Branche allerdings bezweifelt. Daher hält auch der HDB die Tür zu einem Wiedereintritt in den Arbeitgeberverband offen und hofft auf eine Rückkehr des Baukonzerns in den nächsten Jahren.