Damals bei der Reform der Handwerksordnung und der damit verbundenen Abschaffung der Meisterpflicht in einigen Handwerksberufen hatte man sich deutlich mehr erhofft. Doch gut zehn Jahre später zwingen der drastische Rückgang der Ausbildungszahlen und die vermehrt auftretenden Qualitätsmängel bei Anbietern ohne Meisterprüfung zum Umdenken. Das Baugewerbe freut sich, dass endlich Bewegung in dieses wichtige Thema kommt.
Im Januar 2004 wurde die Meisterpflicht für über die Hälfte aller Gewerke im Handwerk aufgehoben, darunter auch im Bau- und Ausbaubereich wie Fliesen-, Platten- und Mosaikleger, sowie Betonstein- und Terrazzohersteller und Estrichleger. Doch die Reform der Handwerksordnung hat kaum positive Effekte gehabt. Statt dessen stellt das Baugewerbe eher negative Tendenzen fest. So hat sich die Zahl der Betriebe extrem vervielfacht, jedoch die durchschnittliche Betriebsgröße deutlich verkleinert. Dies hat sich besonders bei den Fliesenlegern bemerkbar gemacht und belastet vor allem die etablierten Qualitätsbetriebe. Sie stehen in direktem Wettbewerb mit den vielen tausenden Kleinstbetrieben, die oftmals nicht vom Fach sind und zu Dumpingpreisen ihre Leistungen anbieten.
Das Überangebot verwirrt oft auch die Kunden und bringt schnell finanzielle Nachteile mit sich. “Gerade unter Fliesenlegern, heute ja eine der Sparten ohne Meisterpflicht, zählen wir viele tausend Ein- oder Zwei-Mann-Firmen, die unseren etablierten Betrieben mit Dumpingangeboten Aufträge wegnehmen, aber nur kurze Zeit existieren. Wenn dann Mängel offenbar werden, ist niemand mehr greifbar, der dafür haften könnte”, erläutert der Hauptgeschäftsführer der Baugewerblichen Verbände, Lutz Pollmann, die Problematik. Darunter leiden auch die etablierten Fachbetriebe, die ihre Belegschaft aufgrund der stärkeren Konkurrenz reduzieren müssen.
Überhaupt ist auch die Zahl der Auszubildenden seit der Reform der Handwerksordnung deutlich zurückgegangen. Denn während die vielen Kleinstbetriebe gar nicht ausbilden, können die alteingesessenen Handwerksbetriebe dem Nachwuchs keine sichere Perspektive mehr bieten und finden angesichts dieser Zustände auch keine geeigneten Bewerber mehr, erklärt BGV-Präsident Rüdiger Otto.
Daher begrüßt das Baugewerbe die Forderung der Mittelstandsvereinigung von CDU und CSU, die Meisterpflicht in allen Handwerksberufen wieder einzuführen. Unter dem Titel “Deutschland kann mehr” wird dazu im November beim Bundesmittelstandstag ein entsprechender Leitantrag eingereicht. Statt den jungen Menschen in den betreffenden Berufen einen entscheidenen Schritt auf der Karriereleiter zu verwehren, müsse die duale Ausbildung als Alternative zum Studium gesetzt werden, begründet der Wirtschaftsflügel der Union.