Seit Jahren haben erstmals die Betriebsanmeldungen wieder deutlich zugenommen. Doch das Bild trügt, denn viele Anmeldungen gehen auf Soloselbständige in zulassungsfreien Gewerken zurück. Ohne Meisterbrief fehlt oftmals die unternehmerische und auch handwerkliche Qualifikation. Dies könnte langfristig dem Image des Handwerks nachhaltig schaden. Hinzu kommt, dass in diesen Betrieben auch selten Ausbildungen stattfinden.
Nach Jahren zurückgehender Betriebszahlen, sind erstmals im vergangenen Jahr die Geschäftsanmeldungen im Handwerk wieder deutlich angestiegen. Das meldet unter anderem die Handwerkskammer Stuttgart und äußert gleichzeitig großes Bedenken. “Masse ist nicht gleich Klasse”, sorgt sich Hauptgeschäftsführer Claus Munkwitz. “Einige der Betriebsinhaber sind immer weniger qualifiziert. Die Meisterbetriebe werden von Jahr zu Jahr weniger.”
Qualität am Bau geht verloren
Denn es sind vor allem die zulassungsfreien Gewerke, die mengemäßig deutlich anwachsen. “Erschreckend ist, dass hier nur die allerwenigsten Selbständigen eine handwerkliche oder unternehmerische Qualifikation vorweisen können”, weiß Munkwitz. Denn vielen fehlt neben den betriebswirtschaftlichen und juristischen Kenntnissen oftmals auch der Meisterbrief, bzw. der Gesellen- und Facharbeiterabschluss. Folglich wächst durch diesen Trend auf Dauer das Risiko, dass das Handwerk sein über Jahre aufgebautes Qualitätsversprechen verliert. “Noch erschreckender ist, dass in diesem Betrieben nahezu keine Ausbildungen stattfinden und das nachhaltige Wirtschaften verloren geht”, erläutert Munkwitz und fordert einen Meisterbonus in Höhe von 1.000 Euro für das erfolgreiche Ablegen einer Meisterprüfung wie in Bayern.
Immer weniger qualifizierte Meisterbetriebe
Auch der Baden-Württembergische Handwerkkammertag beobachtet den Trend mit Sorge. Es sind fast ausschließlich Soloselbständige und Gründer im Nebenerwerb in zulassungsfreien Berufen, die ein neues Gewerbe anmelden. “Dies bedeutet, dass es am Markt immer weniger qualifizierte Meisterbetriebe gibt”, bankt daher auch Landeshandwerkspräsident Rainer Reichhold. “Grundsätzlich wird hier in Berufen gegründet, in denen nur wenig Kapital notwendig ist und deren Tätigkeit sich alleine ausführen lässt.”
Abhändige Beschäftigung ist attrativer als Selbständigkeit
In den zulassungspflichtigen Gewerken geht die Anzahl der Betriebe seit 2011 kontinuierlich zurück. Diese Entwicklung ist jedoch auch der guten wirtschaftlichen Lage geschuldet. “Fachkräfte sind gesucht und die attraktiven Möglichkeiten in abhängiger Beschäftigung sorgen mit dafür, dass das Interesse an Gründung oder Übernahme abnimmt”, weiß auch Reichhold.
Dadurch wird die ohnehin schon erschwerte Suche nach Nachfolgern noch schwieriger. So fehlen immer mehr gut ausgebildete Gründer und Nachfolger, die sich eine Vollzeit-Selbständigkeit zutrauen. “Vor diesem Hintergrund begrüße ich den Bundestagsbeschluss vom Januar, der sich den Deregulierungsbestrebungen der Europäischen Kommission entgegenstellt, als ein wichtiges Zeichen in Richtung des Qualitätserhalts im Handwerk”, freut sich Reichhold.