Wer kennt es nicht, das Hamsterrad des Arbeitsalltages. Nur allzu gern möchte man diesem auch einmal entfliehen. Doch das ist nicht immer einfach. Wer aber abenteuerlustig ist, dem empfiehlt sich beispielsweise die Zeit auf der Walz. Junge Gesellen erhalten so die optimale Chance, die Welt zu entdecken und ihre Arbeitspraxis zu vertiefen.
Die Walz ist eine Tradition unter den Bauhandwerksgesellen, die gerne genutzt wird, um den eigenen Horizont zu erweitern. Jeder muss sich aber darüber bewusst sein, dass die Entscheidung für die Walz auch Entbehrungen mit sich bringt. Der junge Zimmerergeselle Lukas Fischer berichtete vor der Handwerkskammer Ostfriesland jüngst von seinen Erfahrungen auf der Walz.
Für den 23-jährigen Zimmerergesellen Lukas Fischer steht ganz klar fest: „die Wanderschaft ist das, was man daraus macht.“ Oft wusste er nicht, wo es ihn an dem einen oder anderen Tag hin verschlägt. So hat mal ein Münzwurf über die Richtung entschieden, mal ein anderer Impuls. In jedem Fall lernt man Land und Leute kennen und wächst an dieser Herausforderung.
Allerdings kann sich nicht jeder auf die Reise begeben, der Lust auf dieses Abenteuer hat. Schließlich gilt es auch hier, gewisse Voraussetzungen zu erfüllen. So kann zwar grundsätzlich jeder Bauhandwerkergeselle auf die Walz gehen, jedoch muss er unter 27 Jahren sein. Außerdem muss er schuldenfrei und unverheiratet sein.
Gesellen, die sich für die Wanderschaft entscheiden, können dem Rolandschacht – der Zunft der Reisenden im Bauhandwerk – beitreten. Seine Mitglieder erfahren mit dem Absolvieren der Walz die Ehrbarkeit, welche sich durch einen blauen Schlips auszeichnet. Wenngleich der Wandergeselle auch frei ist in seiner Wanderschaft selbst, so hat er sich täglich an eine bestimmte Kleiderordnung zu halten. Bei den Zimmerern ist das ein schwarzer Anzug. Darüber hinaus verfügt der Zimmerer auf der Walz über einen Wanderstab, den sogenannten „Stenz“, über sein Reisegepäck „Charlie“ – das immerhin neun Kilogramm wiegt – , über einen Hut und über einen Ohrring mit Handwerkswappen. Würde der Zimmerergeselle nicht zu seinem Wort stehen, würde ihm der Ohrring von der Bruderschaft abgenommen werden.
Die gesamte Wanderschaft auf der Walz erstreckt sich über drei Jahre und einen Tag. Dabei darf sich der Geselle an jedem erdenklichen Ort aufhalten. Ausgenommen ist sein Heimatort inklusive einem Umkreis von 60 Kilometern Luftlinie. Die Gesellen sind während der drei Jahre, neben der Bruderschaft, vor allem auf ihre handwerkliche Arbeitskraft angewiesen. Gewandert wird in der Regel zu Fuß oder per Anhalter, allein oder in der Gruppe.
Wenn man bedenkt, dass man die drei Jahre der Walz mit einem Erfahrungsschatz von zehn Gesellenjahren gleichsetzt, kann man sich einen Vorstellung davon machen, wie intensiv diese Zeit für die Gesellen ist.