Seit langer Zeit war das Baugewerbe darin bestrebt, die Regelung zur Tachographenpflicht zu vereinfachen. Zusätzlich sollten die Handwerksbetriebe dadurch entlastet werden, weil der bürokratische Aufwand dadurch ebenfalls weniger werden sollte. Die Neuregelung wurde vom EU-Parlament nun auch Anfang Juli beschlossen, jedoch ist dieser Beschluss für das Baugewerbe nicht plausibel. Im Gegenteil, es werden eher mehr Nachteile für Handwerksbetriebe erwartet.
Der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) hat sich in der Vergangenheit stets dafür stark gemacht, dass eine Reform der Tachographenpflicht zwingend erforderlich sei. Immerhin versprach man sich davon eine bessere Verkehrssicherheit und vor allem einen Bürokratieabbau für die Handwerksbetriebe. Insbesondere hinsichtlich der Entfernungsregelung war der ZDB sehr engagiert. Man hat deutlich gemacht, dass der bestehenden 50 km Radius um den Unternehmenssitz herum nicht ausreichend seien. Aber auch andere Veränderungen waren angestrebt. Der Beschluss des EU-Parlaments lässt nun zwar Grund zur Freude, dennoch aber auch Anlass zu Verärgerung des Baugewerbes.
Bei der Regelung über die grundsätzliche Entfernung eines Handwerksfahrzeugs, weg vom Unternehmenssitz beginnt es schon mit dem Unmut. Zwar hat man sich für eine Ausdehnung des Entfernungsradius entschieden, im gleichen Moment aber auch die vom fachlich zuständigen Transportausschuss ausgesprochene Entfernung völlig ignoriert. Nach Meinung des Ausschusses, sei eine Entfernung von 150 km eine durchaus praxisnahe Regelung, immerhin ist sie in ländlichen Regionen nahezu unverzichtbar. Das EU-Parlament hingegen hat den neuen Radius von 50 km auf nur 100 km erweitert. Immerhin wurde dabei, auf die bisher gültige Gewichtsbeschränkung von Fahrzeugen bis 7,5 t verzichtet. Auch Fahrzeuge, die im Baustellenverkehr zur Zu- und Ablieferung von Baumaterialien eingesetzt werden, sind von der Tachographenpflicht ausgenommen – ebenso gilt dies für den kompletten Straßenbau. Im Große und Ganzen ist diese Entscheidung demnach durchaus positiv angenommen worden, da hierdurch eine wesentliche Entlastung für Betriebe stattfinden wird.
Einen herben Rückschlag stellt allerdings der Beschluss zum grundsätzlichen Anwendungsbereich der europäischen Verordnungen zu Lenk- und Ruhezeiten dar. Bisher waren nur Fahrzeuge über 3,5 t verpflichtet, einen digitalen Fahrtenschreiber zu führen. In Zukunft sieht das EU-Parlament aber auch Fahrzeuge ab 2,8 t in dieser Pflicht. Das bedeutet also, dass jedes Fahrzeug ab 2,8 t, das sich über den 100 km-Radius hinaus entfernt, einen digitalen Tachographen mit sich führen muss. Dabei reicht eine einmalige Übertretung des 100km-Radius schon aus. Wenn man bedenkt, dass gut ein Viertel der Handwerksfahrzeuge in einer Gewichtsklasse von 2,5 t bis 3,5 t liegt, sind viele Betriebe von dieser Neuregelung betroffen. Eine notwendige Nachrüstung der eingesetzten Fahrzeuge führt demnach eine erhebliche finanzielle Belastung mit sich. Und auch die Dateiverwaltung hierbei ist ein nicht zu unterschätzender Aufwand für die Betriebe.
Die Entscheidung über die Herabsetzung der Gewichtsbeschränkung, sobald die 100 km überschritten werden, kam für das Baugewerbe völlig überraschend. Umso mehr möchte man, dass diese Entscheidung nochmals überdacht und dann auch zurückgenommen wird.