Wenn es um die Alterssicherung im Bauhandwerk geht, dann erwarten mehr als 60 Prozent der Betriebsinhaber im Handwerk eine bescheidene Rente, die zum Leben kaum ausreicht. Das hat eine aktuelle Studie ergeben und belegt, wo direkter Handlungsbedarf besteht. Ein besonderer Augenmerk gilt auch der Situation der Soloselbstständigen, die aufgrund der niedrigen Erträge nicht für das Rentenalter vorsorgen konnten.
Eine aktuelle Studie des Volkswirtschaftlichen Instituts für Mittelstand und Handwerk an der Universität Göttingen (ifh Göttingen) hat ergeben, dass die eigentlichen Ziele der Pflichtversicherung heute kaum mehr erreicht werden können. Demnach erhalten mehr als 60 Prozent der Handwerker mit eigenen Betrieben nur noch eine gesetzliche Altersrente von bis zu 600 Euro. Nur ein geringer Teil von 12,5 Prozent hat Chancen auf Rentenbezüge in Höhe von über 1.000 Euro. Aus diesem Grund investieren bereits heute 75 Prozent aller Inhaber von Handwerksbetrieben mehr in die private Altersvorsorge als in die gesetzliche Rentenversicherung. Große Unterschiede gibt es auch zwischen den Soloselbstständigen aus zulassungsfreien Gewerken und Inhabern in zulassungspflichtigen Gewerken sowie zwischen großen und kleineren Handwerksbetrieben. Außerdem sind auch klare West-Ost-Gefälle zu verzeichnen.
Ziele der Handwerkerpflichtversicherung werden nicht mehr erreicht
Das Ergebnis der Studie ist klar. Die ursprünglichen Ziele der Handwerkerpflichtversicherung werden heute nicht mehr erreicht. Schuld daran ist auch die Novellierung der Handwerksordnung im Jahr 2004. Viele selbstständige Handwerker unterliegen seitdem nicht mehr der Versicherungspflicht, obwohl sie gerade hier angebracht wäre. Dieser Kreis ist in den letzten Jahren deutlich angewachsen. Viele dieser Betroffenen nehmen eine Rentenberatung erst kurz vor Eintritt des Rentenalters in Anspruch. Sinnvoller wäre es, in einem früheren Stadium der Erwerbstätigkeit diese Beratung zu nutzen.
Worin liegt der Handlungsbedarf für Altersvorsorge?
Die Untersuchung zeigt diverse Handlungsfelder, die abgedeckt werden sollten. So sollten die Handwerksorganisationen und die Politik in die Verantwortung genommen werden. Laut der Studie muss die Alterssicherung ein zentrales Thema bei der Betriebsberatung durch die Handwerkskammern werden. Besonders beachtet werden sollte die Situation der Soloselbstständigen. Aufgrund der zu niedrigen Erträge kann keine entsprechende Altersvorsorge vorgenommen werden. Zu diesem Thema könnte jedoch auch die Politik einiges beitragen. Die großen Parteien hatten sich bereits 2017 für eine Versicherungspflicht der Selbstständigen ausgesprochen. Das würde die Scheinselbstständigkeit abbauen und Wettbewerbsverzerrungen vermeiden. Ein Fehler sei es, die Versicherungspflicht nach Monaten zu berechnen. Vielmehr sollte ein System aus Entgeltpunkten geschaffen werden. Hat der Handwerker eine bestimmte Punktezahl erreicht, soll eine gesetzliche Rente über das Grundsicherungsniveau garantiert werden. Zur Sicherung des Lebensstandards soll diese zusätzlich durch eine private Rente ergänzt werden.