Baugewerbe kritisiert Neuregelung der Entsenderichtlinie

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Foto: Roland Riethmüller

Bereits seit Jahren wird darüber verhandelt, die Entsenderichtlinie zu überarbeiten. Nun wurde ein Kompromiss geschlossen. Was jedoch ursprünglich als Mindestmaß zum Schutz der Beschäftigten gedacht war, droht laut Gewerkschaft zu verwässern. Entsandte Arbeiter sollen vollständig gleich behandelt werden wie die Kollegen aus dem Gastland. Das große Problem ist jedoch, die Einhaltung dieses Ziels zu kontrollieren.

Die sogenannte Entsenderichtlinie wurde am 16. Dezember 1996 vom Europäischen Parlament und Europäischen Rat erlassen. Das eigentliche Ziel der Richtlinie 96/71/EG bestand darin, für die Arbeitnehmer bei der Entsendung im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen ein Mindestmaß an Schutz zu gewährleisten. Doch durch Ungleichgewicht zwischen den Mitgliedstaaten kam es dennoch in der Vergangenheit immer wieder zu Sozialdumping. Um diesen zu bekämpfen und damit den Wettbewerb besser zu regeln, verhandeln die Mitgliedstaaten bereits seit 2016 über eine überarbeitete Entsenderichtlinie.

Neue Entsenderichtlinie ist kaum kontrollierbar

In der letzten Woche hatten sich Rat, Kommission und Parlament in Brüssel auf einen Kompromiss geeinigt. Neben dem Mindestlohn sollen nun weitere Vergütungsbestandteile mit einbezogen werden. Außerdem soll die Entsendung von 24 Monate auf maximal 18 Monate begrenzt werden. Das sei überzogen und entspreche jedoch nicht dem ursprünglichen Ziel der Richtlinie. Außerdem ist es sehr schwer umsetzbar. Schon jetzt ist bekanntermaßen der Zoll und die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) kaum in der Lage, die Einhaltung des Mindestlohns zu kontrollieren. Wie soll das denn erst vonstatten gehen, wenn auch noch die weiteren Vergütungsbestandteile wie Nacht-, Sonntags- und Feiertagszuschläge kontrolliert werden müssten? So plädiert der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes deutsches Baugewerbe (ZDB), Felix Pakleppa, durchaus für gleiche Lohnkosten von entsandten wie einheimischen Arbeitnehmern. Doch die Sozialabgaben und die Steuerbelastung seien trotzdem für ausländische Arbeitnehmer deutlich niedriger, daran würde letztendlich auch die neue Richtlinie nichts ändern. Pakleppa fordert dagegen die EU-Kommission auf, zum Schutz der entsandten Arbeitnehmer besser auf die Dienstleistungskarte zu verzichten. Damit seien Scheinselbständigkeit und das Unterlaufen der Mindeststandards besonders einfach.

Die IG Bau warnt vor einer Verschlechterung für die Arbeitnehmer

Auch der Stellvertretende Bundesvorsitzende der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau), Dietmar Schäfers, warnt: “Ein Binnenmarkt, der die Interessen der Unternehmen auf Kosten der Beschäftigten stärkt, hat keine Zukunft. Die Wähler wenden sich dann von der EU ab.” Schäfers ist gleichzeitig auch Präsident der Europäische Föderation der Bau- und Holzarbeiter (EFBH) und weiß daher, dass Brüssel die Situation nutzen muss, um den Menschen das Vertrauen an Europa zurückzugeben. So sei das klare Bekenntnis zu gleichem Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort ein richtiger erster Schritt gewesen.

Arbeitnehmer werfen Arbeitgebern negative Stimmungsmache vor

Schäfers betonte jedoch ferner, dass man die Kirche im Dorf lassen sollte und den Vorschlag nicht als Angriff auf den Binnenmarkt sehen solle. „Einen Wettbewerb über Lohndumping hält kein deutscher Betrieb durch. Das wissen insbesondere die Bauarbeitgeber sehr genau“. Die geschilderten Horrorszenarien, wie zum Beispiel steigende Baupreise, seien laut Schäfers lediglich der Versuch, Stimmung gegen den Vorschlag aus Brüssel zu machen. Die Verantwortlichen sollten sich nicht von der neuen Entsenderichtlinie verunsichern lassen. Es wird erwartet, dass die EU-Mitgliedsstaaten diesem Kompromiss ohne Verschlechterung für die Arbeitnehmer zustimmen werden. Dieses könnte bereits Mitte des Monats geschehen.

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