Der Krieg in der Ukraine treibt die Preise in die Höhe. Zusätzlich ist der Fachkräftemangel eine gewaltige Herausforderung für die Bauwirtschaft. Doch das eigentliche Zukunftsthema am Bau ist laut einer aktuellen Umfrage die Nachhaltigkeit. Eine sinnvolle Priorisierung fehlt allerdings, denn aufgrund der Krisenbewältigung wegen der Preiserhöhungen und dem Fachkräftemangel steht nachhaltiges Bauen branchenübergreifend nur an dritter Stelle. Ein echtes Dilemma!
Die nachhaltige Geschäftsausrichtung ist für die Bauwirtschaft sehr wichtig. Das gaben 68 Prozent der Befragten bei einer Umfrage der Managementberatung Horváth an. An der Befragung nahmen 20 Vorstandsmitglieder aus Unternehmen der Bauwirtschaft teil. Für 32 Prozent ist es immerhin noch wichtig. Doch in der Bauwirtschaft gibt es zurzeit dringendere Probleme, die zu lösen sind. Dazu gehört der Fachkräftemangel und die enorme Preissteigerung. Für dieses Jahr wird dennoch ein Umsatzwachstum von rund sechs Prozent erwartet. Für das Jahr 2023 sind die Aussichten trüber, denn es werden nur noch vier Prozent Umsatzwachstum erwartet. „Auch wenn es einen Kraftakt bedeutet, sollten die Unternehmen strategisch wichtige Nachhaltigkeitsthemen wie den Bezug nachhaltiger Baustoffe oder die Kreislaufwirtschaft trotz akuter Baustellen jetzt angehen, sonst sucht sich der Wettbewerb die besten Partnerunternehmen und Fachkräfte in diesem strategischen Kernthema“, empfiehlt Ralf Sauter, Studienleiter und Partner bei Horváth.
Trübe Geschäftsaussichten – Nachhaltigkeit gerät ins Hintertreffen
Vor allem der Ukraine-Krieg treibt die Baupreise in die Höhe. Das gaben 61 Prozent bei der Umfrage an. Es mangelt an Baumaterial und viele Projekte, wie zum Beispiel Autobahnen und Brücken, geraten ins Stocken. Neue Aufträge kommen kaum noch rein. Im April 2022 meldete das Statistische Bundesamt einen Auftragsrückgang von 16,4 Prozent. Seit dem Jahr 2012 ist dies der stärkste Rückgang. Mit einer Entspannung ist auch im nächsten Jahr nicht zu rechnen. Die Befragten gaben weiter an, dass an erster Stelle der Krisenbewältigung die Preissteigerung stehe. Danach folgt die Beschaffung dringend notwendiger Arbeitskräfte. Eine resiliente Aufstellung der Lieferketten steht an dritter Stelle und auf Platz vier der Bezug von nachhaltigen Baumaterialien. Rund 34 Prozent setzen bereits die Konzepte zur Nachhaltigkeit um. Nur 29 Prozent sind es branchenübergreifend.
Krisenbewältigung – auch die Digitalisierung wird zurückgedrängt
Aufgrund der Probleme gerät auch die Digitalisierung in den Hintergrund. Die Krisenbewältigung und das Thema Nachhaltigkeit haben die Digitalisierung in den Hintergrund gedrängt. Das Thema Gebäudeautomation ist gegenüber dem Vorjahr um zehn Prozent gesunken. Building Information Modeling kommt nur auf den achten Platz. Das ist ein Verlust von fünf Prozentpunkten. Nur noch 16 Prozent halten die Digitalisierung für wichtig. Doch das ist zu kurzsichtig. „Digitalisierung und Nachhaltigkeit treiben sich wechselseitig und sollten daher integriert bearbeitet werden“, so Horváth-Experte Sauter.